Diabetesnetz Deutschland Was jede und jeder zur Vorbeugung tun kann

Autor: Michael Reischmann

Prävention wirkt nicht über Nacht. Prävention wirkt nicht über Nacht. © VI Studio - stock.adobe.com

Zu den Aufgaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gehörte es, Organisationen, die sich mit der Prävention des Diabetes mellitus beschäftigen, zu verbinden. Auch die DDG ist Mitglied des Diabetesnetzes und bringt ihre Expertise ein. Seit Mitte Februar heißt die BZgA Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit. Ein Anlass, bei Dr. Martina Plaumann, die diese Aktivitäten im BIÖG koordiniert, nachzufragen, was erreicht wurde und welche Aufgaben anstehen.

Frau Dr. Plaumann, Sie sind im BIÖG im Referat „Prävention des Diabetes mellitus, seiner Risikofaktoren und Folgeerkrankungen“ tätig. Was genau tun Sie da? 

Dr. Martina Plaumann: Ich bin stellvertretende Referatsleiterin. 2023 habe ich das Netzwerk „Diabetesnetz Deutschland – gemeinsam gesünder“ ins Leben gerufen. Damit setzen wir nach und nach die Nationale Aufklärungs- und Kommunikationsstrategie zu Diabetes mellitus um. Diese Strategie wurde 2022 von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums entwickelt – gemeinsam mit einem Fachbeirat. Im Netzwerk arbeiten viele wichtige Akteure aus dem Bereich Diabetesprävention zusammen. Gemeinsam entwickeln wir qualitätsgesicherte Informationsmaterialien, die wir über unsere Kanäle verbreiten. Die gebündelte Expertise der Beteiligten ist dabei unglaublich wertvoll. Wir als Bundesinstitut koordinieren das Ganze, stimmen uns eng mit den Fachleuten ab und entwickeln auch eigene Materialien zur Aufklärung und Prävention. Ein aktueller Schwerpunkt ist, das Netzwerk noch bekannter zu machen.

Es gibt Flyer mit Infos zu Typ-2-Diabetes, Risikofaktoren und wie man vorbeugen kann – auch in leichter Sprache, Englisch und Türkisch. Und bei diabinfo.de können Menschen den Typ-2-Diabetes-Risikotest machen. Was hat das bislang gebracht?

Dr. Plaumann: Ein zentrales Angebot der Strategie ist das unabhängige und qualitätsgesicherte Diabetesportal diabinfo.de. Es wird zu einem großen Teil von uns finanziert und ist ein Gemeinschaftsprojekt von Helmholtz Munich, dem Deutschen Diabetes-Zentrum und dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung. Diabinfo wird regelmäßig evaluiert und erhält gute Bewertungen von Fachkreisen und Bevölkerung. Unsere gedruckten Materialien, etwa Flyer, sind auch für Multiplikator*innen gedacht: Also Menschen, die andere beraten, etwa in der Praxis oder im Betrieb. Diese Materialien bieten erste Infos und verweisen dann auf das Portal. Vor der Veröffentlichung testen wir die Inhalte mit der Zielgruppe, holen Feedback ein und passen sie an – ein wichtiger erster Schritt in Sachen Qualitätssicherung und Evaluation. Und: Die kontinuierliche Auswertung der Online-Angebote zeigt, wie sehr sich Menschen informieren wollen. Allein 2024 verzeichnete diabinfo 3,2 Millionen Abrufe.

Ist das dennoch insgesamt nicht etwas dürftig angesichts der Zunahme an Neuerkrankungen? 

Dr. Plaumann: Prävention wirkt nicht über Nacht. Es braucht Zeit – und vor allem ein gutes Zusammenspiel zwischen Politik, Wissenschaft, Verbänden und Kommunen. Auch die Kombination von Maßnahmen, die die Lebensverhältnisse verbessern, und solchen, die das Verhalten ansprechen, ist wichtig. Dass wir inzwischen 27 Institutionen im Netzwerk versammelt haben, die alle an einem Strang ziehen, ist jedenfalls ein erster großer Schritt. Natürlich wissen wir: Da liegt noch ein weiter Weg vor uns.

2020 beschloss der Bundestag die Nationale Diabetesstrategie. Ein „Health-in-all-policies“-Ansatz fehlt. Es wird vor allem auf Freiwilligkeit gesetzt. DDG und DANK fordern mehr Verhältnis- statt Verhaltensprävention, etwa mehr Kinderschutz in der Lebensmittelwerbung, gesünderes Essen in Schulkantinen, mehr Bewegung durch Schulsport. Was kann das BIÖG in diesem Sinne tun? 
Dr. Plaumann: Verhältnisprävention – also Maßnahmen, die die Lebensbedingungen verbessern – ist absolut zentral. Sie hilft den Menschen, im Alltag gesünder zu leben. Das geht oft nur über politische Entscheidungen, wie Gesetze oder Verordnungen auf Bundes- oder Landesebene. Gleichzeitig braucht es verlässliche Informationen, damit die Menschen auch verstehen, warum etwas wichtig ist – also verhaltensbezogene Prävention. Studien zeigen: Am besten funktioniert ein Mix aus beidem. Als Bundesinstitut fokussieren wir uns darauf, die Bevölkerung für das Thema Diabetes zu sensibilisieren – und zu zeigen, was jede und jeder selbst zur Vorbeugung tun kann.

Was hat das Diabetesnetzwerk künftig vor? Gibt es übergreifende Strategien zu Kindern/Jugendlichen, Bewegung und Ernährung? 

Dr. Plaumann: Bisher lag der Fokus klar auf der Prävention von Typ-2-Diabetes – und das bleibt wichtig. Jetzt schauen wir verstärkt auch auf die Früherkennung. Da gibt es viele Überschneidungen mit anderen nichtübertragbaren Krankheiten, zum Beispiel beim Gesundheits-Check-up. Auch wenn unsere Strategie vor allem Erwachsene im Blick hat, wissen wir natürlich, wie sehr eine Typ-1-Diabetes-Diagnose das Leben von Kindern und Familien verändert. Wir sind deshalb im engen Austausch mit Expertinnen und Experten, um Fachkräfte in Kitas und Schulen besser zu erreichen. Sie sollen sich sicher fühlen im Umgang mit Kindern mit Diabetes – davon profitieren am Ende vor allem die Kinder selbst.

Wie wirkt sich die Umwidmung der BZgA zum BIÖG auf Ihre Arbeit aus, etwa was die Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut betrifft? 

Dr. Plaumann: Im Februar 2025 wurde eine Kooperationsvereinbarung geschlossen. Auf dieser Basis wird der Austausch zu unterschiedlichen Themen gestärkt und ausgebaut. Im Bereich der Diabetesprävention haben wir immer sehr eng mit unseren Kolleginnen und Kollegen des RKI zusammengearbeitet, die auch die Diabetes-Surveillance erarbeitet haben. Das RKI ist Partner in unserem Diabetesnetz. Die Zusammenarbeit ist wichtig, da die gesundheitsbezogene Aufklärung der Bevölkerung immer Hand in Hand mit aktuellen Forschungsergebnissen gehen sollte.