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Asthma, Adipositas und Angst Wie der Klimawandel Kinder bedroht

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Extreme Hitzeperioden steigern das Risiko für Frühgeburtlichkeit und geringes Geburtsgewicht. Extreme Hitzeperioden steigern das Risiko für Frühgeburtlichkeit und geringes Geburtsgewicht. © Rattanacha – stock.adobe.com
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Der Klimawandel bedroht Kinder nicht nur durch das damit einhergehende erhöhte Risiko für körperliche Erkrankungen. Auch die mentale Gesundheit wird beeinträchtigt.

Laut dem Glasgow Climate Pact der UN steuert die Welt auf eine globale Erwärmung von 2,7 °C zu. Doch der Klimawandel führt nicht nur zunehmend zu einer Zerstörung von Lebensräumen und Ökosystemen. Der Lancet Countdown stellt immer mehr Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen fest. Auch der IPCC*-Report 2022 bestätigt, dass klimawandelassoziierte Morbidität und Mortalität weltweit zunehmen. Besonders vulnerabel sind die Jüngsten.

Luftverschmutzung ist eine Gefahr für Kinder

Extreme Hitzeperioden steigern das Risiko für Frühgeburtlichkeit und geringes Geburtsgewicht. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Fähigkeiten zur Thermoregulation durch physiologische und anatomische Veränderungen in der Schwangerschaft reduziert sind. Auch die Luftverschmutzung ist eine Gefahr für Kinder. Weil sie in Relation zu ihrem Gewicht ein höheres Atemminutenvolumen aufweisen als Erwachsene, inhalieren sie, relativ gesehen, größere Mengen an Luftschadstoffen, schreiben Dr. Stephanie­ Lorenz­ vom Universitätsklinikum Ulm und Kollegen. Diese begünstigen das Auftreten von Atemwegs­erkrankungen und bedingen eine erhöhte Sterblichkeit. Dazu kommt eine vermehrte Pollenbelastung durch den Klimawandel. Pollen fliegen umso länger, je länger die warme Jahreszeit dauert, und fördern damit die Entstehung von Allergien und Asthma. Feinstaub und CO2 schaden wiederum schon intrauterin: Bei hoher Belastung verursachen sie genetische Veränderungen und verzögern die Entwicklung, so die Kinderärztin.

Krebserkrankungen könnten ebenfalls häufiger werden

Höhere Temperaturen lassen die Häufigkeit von Gastroenteritiden ansteigen, u.a. weil die Übertragung der Erreger gefördert wird. Außerdem wird befürchtet, dass sich durch steigende Temperaturen vektor­übertragende Erkrankungen auch in Gebiete mit bisher geringem Risiko ausbreiten. Eine klimaassoziierte Zunahme von Krebserkrankungen wird ebenfalls diskutiert. Das ist zum einen damit zu erklären, dass unter den Bedingungen des Klimawandels die Exposition gegen Karzinogene wie UV-Strahlung und Schadstoffe zunimmt. Zum anderen ist durch Verknappung der Ressourcen zu erwarten, dass Krebserkrankungen später erkannt und behandelt werden. Selbst Epilepsien könnten häufiger auftreten. Denn höhere Temperaturen verändern die Wärmeregulation des Gehirns und können epileptische Entladungen fördern. 

Zu einer bedeutenden Folge des Klimawandels gehört die Urbanisierung. Sie führt dazu, dass Kinder in ihrem Alltag körperlich weniger aktiv sind. Die Konsequenz: eine Zunahme von Adipositas und Diabetes. Auf der anderen Seite drohen weltweit immer mehr Dürren, die in Entwicklungsländern der Unterernährung Vorschub leisten. 

Nicht zuletzt beeinträchtigt der Klimawandel die mentale Gesundheit, indem er Zukunfts­ängste hervorruft. Extremwetter­ereignisse und die Erfahrung nicht umkehrbarer Umweltzerstörung können ebenfalls zu psychischen und/oder traumatischen Belastungen führen. 

Weltweit leiden unter der Klimakrise vor allem ärmere Bevölkerungsschichten in südlichen Regionen. Das sozioökonomische Ungleichgewicht nimmt weiter zu. In Deutschland wird die Klimakrise vor allem durch Extremwetter­ereignisse und Hitze in Erscheinung treten. Einkommensschwache Familien sind dadurch besonders belastet, z.B. weil sie auf beengtem Wohnraum leben müssen – und kaum die steigenden Kosten für Grundbedürfnisse wie eine gesunde Nahrung aufbringen können.

* Intergovernmental Panel on Climate Change

Quelle: Lorenz S et al. Monatsschr Kinderheilkd 2023; 171: 63-71; DOI: 10.1007/s00112-022-01642-1