
Tumorpromotion Tumorpromotion: Weiterer Player in Diagnostik und Therapie

Adipositas und Typ-2-Diabetes erhöhen das Risiko für mindestens 13 Krebsarten. Eine klare Trennung, welche der beiden Erkrankungen dafür verantwortlich ist, gebe es aber nicht, erläuterte Prof. Dr. Kerstin Stemmer, Universität Augsburg. „Die Kombination aus beidem ist sicherlich der stärkste Risikofaktor.“ Unter anderem Insulin/IGF1, Östrogen, Hyperglykämie, Entzündungsfaktoren und Adipokine können die Progression einer Präneoplasie in einen Tumor fördern.
Auch extrazelluläre Vesikel spielen hierbei eine Rolle. Das sind Nanostrukturen, in denen sich ein „breites Spektrum von Biomolekülen“ – Lipide, Proteine, DNA-Fragmente und verschiedene RNA-Spezies – befindet. Auch spezifische Oberflächenmarker sind vorhanden. „Die extrazellulären Vesikel werden von jeder Körperzelle gebildet und in die Zirkulation entlassen“, erklärte Prof. Stemmer.
Dendritische Zellen therapeutisch nutzen
Forschende prüfen in einer Phase-2-Studie extrazelluläre Vesikel aus dendritischen Zellen als zellfreien Ansatz. Im Labor werden Letztere entnommen und – im Falle eines Melanoms – mit melanomspezifischen Antigenen beladen. Diese Zellen produzieren dann die extrazellulären Vesikel, die man den Patient:innen verabreicht. Das soll das Immunsystem aktivieren und die Melanomzellen abwehren
Fracht der Vesikel unterscheidet sich
Die Vesikel übertragen Signale, die das Wachstum, die Angiogenese und die Therapieresistenz von Tumoren fördern. Hier kommt die Verbindung zur Adipositas ins Spiel: So unterscheidet sich das Sekretom des Fettgewebes adipöser und schlanker Menschen voneinander. Während es bei Normalgewichtigen vermehrt Adiponectin ausschüttet, werden im Falle der Übergewichtigen vor allem Leptin, freie Fettsäuren und Zytokine stärker sekretiert. Diese können das Tumorwachstum fördern.
Prof. Stemmer und ihr Team vermuteten, dass auch die Fracht der extrazellulären Vesikel zwischen Adipösen und Schlanken stark voneinander abweicht. Um ihre Theorie zu untermauern, gewannen die Forschenden zunächst Adipozyten aus adipösem und gesundem Fettgewebe von Mäusen und Menschen. Aus diesen wiederum isolierten sie die extrazellulären Vesikel.
Proteomanalysen zeigten Unterschiede in den Vesikeln aus murinen Adipozyten auf. Im adipösen Gewebe fanden sich vor allem Proteine, die Entzündungsprozesse steuern, zu Insulinresistenz führen, die Lipogenese befeuern und eine erhöhte Insulinsekretion induzieren. Im normalgewichtigen Fettgewebe wiederum wiesen die Vesikel schützende Faktoren auf, die eine Insulinsensitivität fördern und antientzündlich wirken. Die Sauerstoffkonzentration im Fettgewebe beeinflusste dabei das Proteom der Vesikel.
Die Forschenden markierten die Vesikel aus den Adipozyten mittels Fluoreszenz und fanden heraus, dass diese sich unter anderem in der Bauchspeicheldrüse anreichern – und dort vor allem in den Betazellen. Insbesondere die Vesikel aus adipösem Fettgewebe führten zu mehr Insulinsekretion. Und: Sie veränderten die Genexpression in den Krebszellen.
Zur Diagnostik und als Träger verwendbar
Extrazelluläre Vesikel lassen sich potenziell für Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen nutzen. Wie Prof. Stemmer erklärte, könne man sie aus Tumoren isolieren und die zellspezifische Fracht nachweisen. Forschende prüfen zurzeit die Eignung der Vesikel für eine nichtinvasive Krebsdiagnostik, Verlaufskontrolle und Prognoseeinschätzung. Zurzeit laufen 30 Studien zu vesikelbasierten Flüssigbiopsien. Zum Beispiel untersuchen Wissenschaftler:innen, ob sich ein Glypikan-1-positives extrazelluläres Vesikel aus dem Plasma verwenden lässt, um Pankreaskrebs zu diagnostizieren.
Die Vesikel können auch als Träger für genetische Therapeutika fungieren. Die Vorteile: Die Therapeutika sind vor dem Abbau geschützt, sie können effizient in die Zellen aufgenommen werden und auch der Transport über die Blut-Hirn-Schranke ist möglich. Letzteres sei besonders bei Hirntumoren interessant.
Quelle:
Stemmer K. Diabetes-Kongress 2025; Vortrag: „Extrazelluläre Vesikel - Verbindung zwischen Diabetes und Krebs“