Anzeige

Rheuma Wie spricht man mit Patienten über sexuelle Probleme?

Autor: Dr. Sonja Kempinski

40 % der Rheumatologen sprechen das Thema Sex gar nicht erst an, obwohl das mit ein wenig Einfühlungsvermögen ganz einfach wäre. (Agenturfoto) 40 % der Rheumatologen sprechen das Thema Sex gar nicht erst an, obwohl das mit ein wenig Einfühlungsvermögen ganz einfach wäre. (Agenturfoto) © iStock/Tinpixels
Anzeige

Rheumatologen wissen, dass ihre Patienten aufgrund ihrer Erkrankung oder der Medikation oft Probleme im Sexleben haben. Trotzdem fällt es den meisten schwer, intime Themen anzusprechen.

Erkrankungen und Medikamente haben oft einen negativen Einfluss auf die Sexualität der Patienten. Doch als Arzt kann man nur den Problemen entgegensteuern, von denen man weiß. Die Sexualität ist jedoch nur selten Teil des Arzt-Patienten-Gesprächs. Viele Ärzte glauben, dass solche Fragen unangemessen und peinlich für die Patienten und deshalb besser zu vermeiden sind.

Weit gefehlt, berichtete Dr. Felice Rivellese, Centre of Experimental Medicine and Rheumatology, Queen Mary University of London. Mehrere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Mehrzahl der Patienten der Meinung ist, dass die (einfühlsame) Frage nach der sexuellen Gesundheit durchaus dazugehört. Viele würden es begrüßen, über sexuelle Probleme zu reden, wenn der Arzt sie adäquat darauf anspricht.

Damit steht man bereits vor dem ers­ten großen Problem. Einstieg bzw. Gesprächsführung sind tatsächlich ein Knackpunkt, unterstrich Dr. Rivellese. Denn vielen Ärzten fehlt dazu die Technik. Die generell formulierte Frage „Gibt es noch ein Problem, dass Sie ansprechen möchten?“ oder „Haben Sie noch irgendwelche Fragen?“ öffnet selten den Weg zu intimen Problemen.

Doch wie lässt sich der Einfluss rheumatischer Erkrankungen auf die sexuelle Gesundheit der Betroffenen beurteilen? Sowohl der HAQ als auch der SF-36 schließen zwar eine Reihe von Alltagsaktivitäten mit ein, Sex gehört allerdings nicht dazu.

Mit Qualisex den Problemen auf der Spur

Auf der Suche nach dem Thema „sexuelle Aspekte“ wird man jedoch in der EULAR-Datenbank fündig. Im ASAS Health Index lautet eines der 17 Items „Ich habe kein Interesse mehr an Sex“ (Zustimmung/keine Zustimmung/trifft nicht zu/ich möchte nicht antworten). Und der Fragebogen Qualisex widmet sich sogar komplett dem Thema. Anhand von zehn mithilfe von Betroffenen erarbeiteten Fragen wird der Einfluss der rheumatoiden Arthritis auf die Sexualität gründlich beleuchtet.

Doch im Alltag kommt die sexuelle Gesundheit in rheumatologischen Praxen eher selten vor. Von 50 befrag­ten Rheumatologen berichteten 24, dass sie das Thema manchmal, 20 dass sie es nie ansprechen. Gleichzeitig bestätigten 66 % die Relevanz bei der Behandlung rheumatischer Patienten.

Es besteht also Verbesserungsbedarf. Um den Einstieg ins Patientengespräch zu erleichtern, gibt Dr. Rivellese folgenden Tipp: Genauso wie anderen sensiblen Themen (z.B. Hygiene) nähert man sich am besten einfühlsam mit einfachen und offenen, aber direkten Fragen. So zum Beispiel: „Gibt es noch etwas, dass Sie bezüglich Ihrer sexuellen Gesundheit ansprechen möchten?“

Geht der Patient darauf ein, kann man ihm gezielt Informationen vermitteln, z.B. welchen Einfluss die Erkrankung selbst oder auch die Medikamente haben. Wenn möglich, kann der Arzt dann auch Tipps geben, wie andere in gleicher Situation mit den Problemen umgehen. Zeichnet sich während des Gesprächs jedoch ab, dass eine intensive Behandlung erforderlich wäre, sollte der Rheumatologe den Patienten zu einem Spezialisten verweisen.

Quelle: EULAR* 2021 Virtual Congress

* European Alliance for Rheumatology