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Yersinien: Kein Mett für Alte und Kleinkinder!

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Nicht ganz ungefährlich, das „deutsche Sushi“. Nicht ganz ungefährlich, das „deutsche Sushi“. © fotolia/Barbara Pheby
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Im Mett fühlen sich Yersinien pudelwohl. Die Durchfallerreger vermehren sich sogar bei Kühlschranktemperatur. Um zu erkranken, muss man nicht unbedingt Mett essen. Auch mangelnde Hygiene führt zu Infektionen.

Über 90 % der Yersiniosen werden durch darmpathogene Y.-enterocolitica-Stämme ausgelöst. Menschen infizieren sich in der Regel über tierische Produkte. Das wichtigste Reservoir des Erregers sind Schweine. Bei den Tieren verläuft die Infektion zwar asymptomatisch, führt aber zu hohen Keimzahlen in den Tonsillen. Von dort aus kann der Tierkörper während der Schlachtung kontaminiert werden, schreiben Experten des Robert Koch-Instituts in Berlin.

Menschen infizieren sich meist über Lebensmittel. Die Übertragung von Mensch zu Mensch oder von Tier zu Mensch spielt dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Sogar bei Kühlschranktemperaturen können sich die Erreger noch vermehren. Ein wichtiger Risikofaktor für sporadische Infektionen ist der Verzehr von rohem oder unzureichend gegartem Schweinefleisch. Auch Hygienemängel bei der Zubereitung von Schweinehackfleisch können Infektionen bedingen. Als Auslöser von Yersiniose-Ausbrüchen kommen aber auch unzureichend pasteurisierte Milchprodukte, verunreinigtes Wasser oder nicht erhitzte pflanzliche Lebensmittel wie Salat infrage.

Falscher „Blinddarm“

Für 0,5–1 % der Yersiniosen in der EU ist Yersinia pseudotuberculosis verantwortlich. Als potenzieller Infektionsweg wurde der Verzehr von pflanzlichen Lebensmitteln wie rohen Karotten beschrieben. Typisches Zeichen einer Infektion ist die akute mesenteriale Lymphadenitis. Die Symptome erinnern an eine Appendizitis, eventuell kommt eine Diarrhö hinzu.

Infizierten drohen Reizdarm und reaktive Arthritis

Die Inkubationszeit beträgt 3–7 Tage, nur selten werden 10 Tage überschritten. Meist kommt es dann zu einer Enterokolitis mit Durchfall, Bauchschmerzen und Fieber. Die Beschwerden halten 1–3 Wochen an. Bei Kleinkindern heilt die Infektion fast immer von allein ab. Ältere Kinder und Jugendliche können eine mesenteriale Lymphadenitis und eine terminale Ileitis mit Fieber und Schmerzen im rechten Unterbauch entwickeln, die klinisch kaum von einer akuten Appendizitis zu unterscheiden sind (Pseudoappendizitis). Erwachsenen drohen mitunter grippale Symptome wie Rachenentzündungen. Bei Immunsupprimierten muss man auch mit Leberabszessen und Entzündungen in verschiedenen Organen (Perikard, Pleura etc.) rechnen. Außerdem können Yersinien Folgeerkrankungen auslösen. Am häufigsten sind reaktive Arthritis (v.a. bei HLA-B27-Positiven), Erythema nodosum und Reizdarm. Die Patienten bleiben infektiös, solange die Symptome anhalten und Erreger im Stuhl ausgeschieden werden – meist über zwei bis drei Wochen, gelegentlich länger. Patienten mit akuter Infektion ohne schweren Verlauf brauchen in der Regel keine Antibiotika. Denn diese reduzieren nur die Ausscheidungsdauer, nicht aber die Symptomatik. Zudem gibt es bisher keine Evidenz dafür, dass eine frühzeitige Antibiotikagabe Folgeerkrankungen verhindert.

Antibiotika nur bei schwerem Krankheitsverlauf

Meist reicht die symptomatische Therapie mit Volumen- und Elektrolytsubstitution. Nur schwere Verläufe oder ausbleibende Besserung rechtfertigen eine Antibiose. In Abhängigkeit vom Resistenztest empfehlen die Experten z.B. Ciprofloxacin und Cotrimoxazol. Die entscheiden­de Waffe im Kampf gegen Yersinien heißt Prävention. Schweinefleisch sollte immer durchgegart werden. Vor allem vulnerablen Gruppen wie Säuglingen, Kleinkindern, Schwangeren, alten und abwehrgeschwächten Personen wird dringend geraten, auf rohe tierische Lebensmittel zu verzichten. Wichtig ist auch gründliches Händewaschen nach jedem Toilettengang, nach Kontakt mit kontaminierten Gegenständen (z.B. Windeln) und vor der Zubereitung von Mahlzeiten. Das beseitigt zwar nicht alle Erreger, kann aber deren Zahl deutlich verringern.

Quelle: Robert Koch-Institut. Epid Bull 2019; 2: 9-14