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26 Stück Würfelzucker in der 500ml-Dose

Autor: Cornelia Kolbeck

Die Ausreißer unter den Getränken enthalten Süßstoffe statt Zucker. Aber auch diese erhöhen das Risiko für eine Fehlernährung. Die Ausreißer unter den Getränken enthalten Süßstoffe statt Zucker. Aber auch diese erhöhen das Risiko für eine Fehlernährung. © airborne77 – stock.adobe.com
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Es ist herrlich, gerade an heißen Tagen ein Erfrischungsgetränk zur Hand zu haben und zu genießen. Allerdings kann eines die Freude trüben: das Wissen um die Mengen an Zucker im Durstlöscher. Foodwatch macht Menge und Risiken transparent und fordert eine Herstellerabgabe zur Förderung der gesundheitlichen Prävention.

Eine Marktstudie von Foodwatch hat gezeigt, dass ca. 60 % der Erfrischungsgetränke überzuckert sind. Führend beim Zuckergehalt sind die bei Kindern und Jugendlichen beliebten Energy Drinks. "Rockstar Punched Energy + Guava" von PepsiCo toppt alles mit 26 Zuckerwürfeln je 500ml-Dose. Die sog. Near-Water-Produkte haben im Schnitt den niedrigsten Zuckergehalt.

Erfrischungsgetränke mit Zuckerzusatz enthalten im Durchschnitt 7,5 % Zucker, das entspricht bei einem 250ml-Glas etwa sechs Stück Würfelzucker. Von den 55 zuckerfreien Produkten enthielten 89 % Süßstoffe, die wegen der Süßgewöhnung ebenfalls eine Fehlernährung begünstigen können.

Zuckersteuer im Ausland zeigt bereits Wirkung

„Dass zuckerhaltige Getränke eine kausale Rolle in der Entstehung von Übergewicht spielen, wurde durch mehrere Studien überzeugend belegt“, kommentiert Professor Dr. Dr. Hans-Georg Joost, Vorstandsmitglied von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, die Studienergebnisse. Die gemeinnützige Organisation setzt sich seit Jahren für ein Verkaufsverbot zuckerhaltiger Getränke an Schulen ein. „Der Grundstein für das Ernährungsverhalten wird im Kindesalter gelegt, früh angelegte Fettdepots begleiten Kinder meist ein Leben lang“, heißt es in einer Erklärung.

15 % der Kinder in Deutschland seien übergewichtig, 6 % sogar adipös. Ihnen drohten Krankheiten wie Diabetes Typ-2, Gelenkprobleme, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Frisches Wasser sei der beste Durstlöscher; das habe jedoch bei den Schülern keine Chance, wenn gleichzeitig zuckerhaltige Erfrischungsgetränke angeboten werden.

Foodwatch fordert angesichts der Studienergebnisse die Anwendung des Verursacherprinzips: Wer Produkte herstelle, die dem Gemeinwohl schaden, müsse für die milliardenschweren Gesundheitskosten aufkommen. Die Bundesregierung solle die Hersteller mit einer Zuckerabgabe in die Pflicht nehmen. Diese könnten dann entweder den Zuckergehalt in ihren Produkten drastisch reduzieren oder Präventionsprogramme finanzieren.

„Es gibt keinen erkennbaren Grund, die gut funktionierende Freiwilligkeit aufzugeben“, konterte Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde. Die Lebensmittelbranche engagiere sich bereits für einen gesunden Lebensstil, z.B. durch die Förderung sozialer und sportlicher Projekte.

„Minister fährt Kuschelkurs mit Lebensmittelwirtschaft“

Auch Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) weist Forderungen nach einer Herstellerabgabe für besonders zuckerhaltige Getränke zurück. Er verweist auf Erfahrungen in anderen EU-Ländern, wonach Steuern auf stark gesüßte Lebensmittel in aller Regel nicht die gewünschte Lenkungswirkung entfalteten.

Foodwatch bezichtigt den Minister der Falschaussage und wirft ihm einen „Kuschelkurs mit der Lebensmittelwirtschaft“ vor. Erfahrungen aus anderen Ländern belegten den Einfluss auf das Einkaufsverhalten, heißt es. So sei in Mexiko, Finnland und Frankreich der Zuckergetränkekonsum nach Einführung der Steuer zurückgegangen. In Dänemark habe die Steuer auf gesättigte Fette zu einem Verkaufsrückgang der betroffenen Lebensmittel um bis zu 15 % geführt.

In Ungarn änderten zudem 40 % der Hersteller nach Einführung einer Zuckersteuer ihre Rezepturen: 30 % von ihnen entfernten die besteuerte Zutat komplett, 70 % verringerten den Anteil. Von allein, sind sich die Verbraucherschützer sicher, wird die Industrie ihr überzuckertes Getränkeangebot sicher nicht wesentlich verbessern.

Medical-Tribune-Bericht