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LATE Ablagerungen des Proteins TDP-43 gehen mit kognitiven Einbußen einher

Autor: Dr. Judith Lorenz

Bei nahezu 40 % der untersuchten Gehirne waren in der Autopsie  LATE-typische Veränderungen festgestellt worden. Bei nahezu 40 % der untersuchten Gehirne waren in der Autopsie LATE-typische Veränderungen festgestellt worden. © LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com
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Fachleute schlagen vor, zerebrale Ablagerungen des Proteins TDP-43 als eigenständige neuropathologische Entität aufzufassen. Aber nicht alle Experten sind davon überzeugt, dass LATE-typische Veränderungen ohne zusätzliche Pathologien des Gehirns Krankheitswert haben.

Zahlreiche ältere Menschen weisen an ihrem Lebensende zerebrale Ablagerungen des Proteins TDP-43 (transactive response DNA-binding protein 43) auf. Laut einer Arbeitsgruppe um Prof. Dr. ­Peter ­Nelson von der University of Kentucky sind diese „Inklusionen“ das Schlüsselkennzeichen der sogenannten limbisch prädominanten altersassoziierten TDP-43-Enzephalopathie (kurz: LATE), welche nach Ansicht der Forscher eine eigene neuropathologische Entität darstellt.

Bei LATE schreiten die Proteinablagerungen üblicherweise von der Amygdala über den Hippocampus und den mittleren Frontalgyrus fort und gehen häufig – ähnlich wie die für den Morbus Alzheimer charakteristischen Beta-Amyloid-Plaques – mit einem Gedächtnisverlust einher. Neuropathologische Veränderungen im Sinne von LATE können dabei sowohl isoliert als auch in Kombination mit einer Alzheimer-Erkrankung auftreten, wie eine aktuelle Studie des Teams um Prof. Nelson ergab.

Um die Prävalenz der LATE genauer zu beleuchten, werteten die Wissenschaftler Autopsiedaten von 13 internationalen Kohorten aus den USA, Großbritannien, Brasilien, Österreich und Finnland aus. Das Studienkollektiv umfasste 6196 Personen, die im Alter von durchschnittlich 88 Jahren verstorben waren.

Bei nahezu 40 % der untersuchten Gehirne waren in der Autopsie  LATE-typische Veränderungen festgestellt worden. In 15 % der Fälle handelte es sich dabei um ein Frühstadium ohne begleitende kognitive Einschränkungen, während 25 % der Fälle ein höhergradiges Stadium mit kognitiven Symptomen darstellten. Ferner bestätigten die Autopsieergebnisse die Koexistenz von LATE- und Alzheimer-Pathologien: Etwa 55 % der Gehirne mit Amyloidablagerungen wiesen zusätzlich LATE-Inklusionen auf. Andererseits fanden die Forschenden aber auch in 27 % der Gehirne ohne Alzheimer-Veränderungen Anzeichen für eine LATE.

Die Autoren warnen zwar vor einer unkritischen Übertragung der Beobachtungen auf die Gesamtbevölkerung. Zugleich sprechen sie der LATE jedoch angesichts ihrer Häufigkeit und der Assoziation mit Demenzsymptomen eine erhebliche Bedeutung für die öffentliche Gesundheit zu. Die Forschung solle dieses Phänomen daher stärker in den Blick nehmen.

Andere Wissenschaftler wie Prof. Dr. ­William ­Hu von der Rutgers University sind dagegen skeptisch. Seiner Meinung nach ist noch nicht erwiesen, dass LATE-Ablagerungen mit krankhaften Symptomen einhergehen, wenn keine anderen Veränderungen des Gehirns vorliegen. Von einem eigenständigen Demenztyp solle man daher bislang nicht ausgehen. Ein Problem ist laut Prof. Hu, dass die Inklusionen bislang nur post mortem identifiziert werden können, was die Erforschung ihrer klinischen Bedeutung erschwert. Es sei daher wichtig, Biomarker für LATE etwa im Blut zu finden, um die Forschung voranzubringen.

Quellen:
1. Nelson PT et al. Acta Neuropathol 2022; 144(1): 27-44. DOI: 10.1007/s00401-022-02444-1
2. Harris E. JAMA 2022. DOI: 10.1001/jama.2022.11513