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Fliegen in der Schwangerschaft Airlines regeln den Transport werdender Mütter teils ganz unterschiedlich

Autor: Dr. Sonja Kempinski

Ob und unter welchen Bedingungen eine Schwangere fliegen darf, hängt von der Fluggesellschaft ab. Ob und unter welchen Bedingungen eine Schwangere fliegen darf, hängt von der Fluggesellschaft ab. © cunaplus – stock.adobe.com
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Auch Schwangere sind mit dem Flugzeug unterwegs. Doch ob und wann sie an Bord dürfen, ist nicht einheitlich geregelt. Prinzipiell haben die meisten Airlines mit ihrem Transport kein Problem. Bei einigen Fluggesellschaften wird es aber bereits im dritten Trimenon schwierig.

Eigentlich sind Flugreisen für Schwangere und das ungeborene Kind ein vernachlässigbares Risiko. Nur in der Frühschwangerschaft (siehe Kasten), bei Risikoschwangerschaften und vor allem kurz vor der Entbindung sollten Flüge kritisch hinterfragt werden. Denn ein Flugzeug ist keine geeignete Umgebung für die Geburt eines Kindes, schreiben Niels-Benjamin Adams von der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin der Universitätsklinik Köln und Kollegen. Zwar ist eine unkomplizierte Geburt an Bord prinzipiell möglich – immerhin stellen die meisten Airlines ein Abnabelungskit bereit. Kommt es jedoch zu einem Notfall, ist dieser kaum zu diagnostizieren, geschweige denn zu behandeln.

Fliegen in der Frühschwangerschaft

In der Frühschwangerschaft drohen Hyperemesis und Frühabort. Beides sind Szenarien, die an Bord ungemütlich werden können. Vorschriften vonseiten der Airlines gibt es in puncto Frühschwangerschaft keine. Der Nutzen der Flugreise muss deshalb von der Schwangeren selbst gegen das Risiko abgewogen werden, schreiben die Autoren. Am besten lassen sich Patientinnen in diesem Fall nicht nur durch den behandelnden Arzt, sondern auch durch einen erfahrenen Flugmediziner beraten.

Fluggesellschaften an ihre Vorschriften gebunden

Ob auf einen Flug verzichtet wird oder nicht, ist nicht nur eine Entscheidung der Schwangeren und ihres behandelnden Arztes. Auch die International Air Transport Association (IATA) und die Fluggesellschaften haben Vorschriften in Bezug auf den Transport werdender Mütter. Bei unkomplizierter Einlingsschwangerschaft sieht beispielsweise die IATA bis zur vollendeten 36. Schwangerschaftswoche (SSW) keine Probleme. Ist die Schwangerschaft weiter fortgeschritten, ist nach IATA-Richtlinien ein flugmedizinisches Attest erforderlich. Dafür soll die werdende Mutter eingehend von einem flugmedizinisch erfahrenen Arzt untersucht werden. Etwa 80 % der Airlines weltweit setzen diese Richtlinien auch um. Manche haben strengere Vorgaben, andere, beispielsweise KLM oder Delta Airlines, lassen dagegen Schwangere bis zur 40. SSW ohne irgendwelche Vorgaben an Bord. Bei den deutschen Gesellschaften sieht es wie folgt aus:
  • Lufthansa erlaubt eine unkomplizierte Mitnahme der Schwangeren bis zur vollendeten 36. SSW. Danach darf die Schwangere mitfliegen, wenn der Flug durch das Medical Operation Center freigegeben wird. Eine feste Grenze definiert die Airline nicht.
  • Eurowings und TUI nehmen Schwangere bis zur Beendigung der 36. SSW mit. Danach dürfen werdende Mütter nicht mehr an Bord, auch nicht mit Attest.
  • Besonders streng ist Condor. Diese Airline erlaubt das Mitfliegen bis zur vollendeten 28. SSW, danach ist ein Attest erforderlich. Ab der vollen 36. SSW sind Flüge für Schwangere tabu.
Bei Mehrlingsschwangerschaften wird die Sache komplizierter. Die IATA-Richtlinien empfehlen die unkomplizierte Mitnahme bis zur vollendeten 32. SSW. Danach dürfen werdende Mütter nur bei unauffälliger flugmedizinischer Untersuchung an Bord. Die einzelnen Airlines haben ein sehr unterschiedliches Vorgehen. Etwa zwei Drittel übernehmen die IATA-Richtlinien, einige transportieren Schwangere mit Mehrlingen bis zur 40. SSW, andere nehmen sie gar nicht mit. Auch die deutschen Airlines sind bei Mehrlingen restriktiver als bei Einlingsschwangerschaften.
  • Lufthansa transportiert Schwangere mit Mehrlingen bis zur vollendeten 32. SSW ohne Vorgaben. Später ist eine unauffällige flugmedizinische Untersuchung erforderlich.
  • TUI lässt werdende Mehrlingsmütter bis zur vollendeten 36. SSW problemlos mitfliegen. Danach dürfen sie nicht an Bord, TUI akzeptiert kein Attest.
  • Eurowings rät Schwangeren mit Mehrlingen grundsätzlich vom Fliegen ab.
  • Condor erlaubt einen unkomplizierten Transport bis zur vollendeten 28. SSW. Bis zum Ende der 32. SSW benötigt die Schwangere ein Attest, danach gilt Flugverbot bei Condor.
Bei Risikoschwangerschaften (siehe Kasten) empfiehlt die International Air Transport Association ein individuelles Vorgehen. Dabei sollte ein erfahrener Flugmediziner in die Entscheidung einbezogen werden. Weltweit differieren die Vorgehensweisen der Flug­gesellschaften.

Wann liegt eine Risikoschwangerschaft vor?

Formal sind 75 % der Schwangerschaften in Deutschland Risikoschwangerschaften. Eine Schwangerschaft ist risikoreich, wenn einer der folgenden Faktoren vorliegt:
  • Mutter < 18 Jahre oder > 35 Jahre
  • Vorerkrankungen der Mutter, Voroperationen am Uterus
  • familiäre bekannte Schwangerschaftskomplikationen
  • Multipara (> 5 Geburten, Mehrlingsschwangerschaft)
  • Schwangerschaftsfolge < 1 Jahr
  • vorherige Früh- oder Totgeburten, vorherige Schwangerschaftskomplikationen
  • aktuell Mehrlingsschwangerschaft
  • aktuell Fruchtwasser- oder Plazentaanomalien, Blutungen oder Zervixinsuffizienz
  • aktuell schwangerschaftsassoziierte Erkrankungen (schwangerschaftsassoziierte Hypertonie, Gestationsdiabetes)

Ohne medizinische Freigabe geht gar nichts

Hainan Airlines aus China lehnt die Mitnahme kategorisch ab, KLM fordert ein Attest durch den behandelnden Arzt. Die Lufthansa lässt den Flug von werdenden Müttern mit Risikoschwangerschaft nach medizinischer Freigabe in Einzelfällen zu. TUI macht keine Angaben, Eurowings rät zum Verzicht, schließt aber die Mitnahme nicht aus. Condor lehnt den Transport Risikoschwangerer ganz ab.

Quelle: Adams NB et al. Flug u Reisemed 2021; 28: 295-300; DOI: 10.1055/a-1665-3491