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Alternative Krebsmedizin – von obskuren Heilern und fragwürdigen Metaanalysen

Autor: Manuela Arand

Alternative Heilverfahren sind vor allem bei jüngeren Frauen beliebt. Alternative Heilverfahren sind vor allem bei jüngeren Frauen beliebt. © Microgen – stock.adobe.com
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Komplementäre Heilverfahren haben Konjunktur bei Krebskranken. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, wenn die Patienten wissen, worauf sie sich einlassen. Zudem sollten sie solche Methoden nur ergänzend zur regulären Krebs­therapie nutzen und keinesfalls stattdessen.

Unter dem Deckmantel der alternativen Heilkunde tummeln sich viele obskure Anbieter. Aufklärung in diesem Bereich tut daher dringend Not, betonte Karin Kastrati von „Das Lebenshaus e.V.“, einer Non-Profit-Organisation für Patienten mit seltenen soliden Tumoren (Gastrointestinale Stromatumoren, Sarkome, Nierenkrebs).

Diese Anbieter lehnen die konventionelle Medizin ab und pflegen ein paralleles Weltbild. Ihre Verfahren basieren auf Theorien, die nicht mit empirischen Methoden geprüft sind oder geprüft werden können. Sie haben keinen rational nachvollziehbaren Beweis der Wirksamkeit erbracht, sondern untermauern ihre Theorien durch Erfahrungsberichte – gerne mit Prominenten geschmückt, die vielfach nichts davon wissen. Meist steht nicht das Wohl des Patienten im Vordergrund, sondern das (finanzielle­) des Anbieters.

Exotisch, alt, natürlich: Das gefällt den Patienten

Wie viele Krebspatienten alternative Methoden nutzen, ist kaum messbar, zumal viele das Thema beim Arzt nicht von sich aus ansprechen. Nachfragen lohnt sich also. Allerdings: Nutzer alternativer Methoden „tauchen meistens gar nicht erst beim Onkologen oder bei anderen Ärzten auf“, so die Ökotrophologin.

Anders sieht es bei den komplementären Verfahren aus. Mit ihnen sollen zumeist Nebenwirkungen der konventionellen Therapien gemildert werden. Befragungen haben ergeben, dass sich je nach Alter und Geschlecht zwischen 30 und 90 % der Patienten komplementär behandeln (lassen) – jüngere Frauen häufiger als Männer und ältere Patienten.

Großer Beliebtheit erfreuen sich seit Jahren Verfahren aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), denn sie bringen vieles zusammen, womit alternative Heilverfahren bei Patienten punkten: exotische Herkunft, jahrhundertelange Erfahrung, natürliche Zutaten. Was die meisten nicht wissen: Die TCM verdankt ihren Aufschwung der Gründung der Volksrepublik China, wie der Gynäkologe Professor Dr. Karsten Münstedt vom Ortenau Klinikum Offenburg-Kehl, berichtete. Plötzlich musste die Bevölkerung eines riesigen Landes bis in die hintersten Ecken mit begrenzten Mitteln medizinisch versorgt werden. Also besann man sich auf althergebrachte Heilmethoden, die von der ländlichen Bevölkerung ohnehin genutzt wurden, und „unterfütterte“ sie mit eigens gegründeten Hochschulen.

Im Wesentlichen basiert die TCM auf den fünf Therapieprinzipien Akupunktur/Moxibustion, Arzneitherapie, Bewegung, Diätetik und Massage. Wissenschaftlich untersucht wird die TCM erst seit Anfang der 2000er-Jahre. Auch wenn die Zahl der Publikationen 2019 erstmals die 10 000er-Marke überstieg, lässt sich von einer gründlichen Aufarbeitung sicher noch nicht sprechen, betonte der Kollege. PubMed weist für komplementäre TCM bei Krebs 20 Metaanalysen aus, die alle aus China stammen und übereinstimmend zu positiven Resultaten kommen.

Prof. Münstedt präsentierte exemplarisch einige diese Analysen, bei denen auffällt, dass die Schlussfolgerungen häufig nicht zu den Daten und Kurven passen. In einer der jüngsten Arbeiten beispielsweise zeigt die grafische Aufbereitung positive Effekte der Interventionen nur bei Depression, während in puncto Lebensqualität und Fatigue die Kontrollgruppe besser abschneidet. In der Schlussfolgerung werden dann aber die durchweg positiven Effekte gewürdigt. „Ich bin ein großer Freund von Metaanalysen, aber sie müssen gut gemacht sein – mit Metaanalysen aus China wäre ich vorsichtig“, meinte der Gynäkologe.

Kongressbericht: 34. Deutscher Krebskongress