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Radioonkologie Arbeitsgruppe will Patient:innenperspektiven stärker einfließen lassen

Autor: Dr. Claudia Schöllmann

Expert:innen erklären, dass die Wünsche und Meinungen von Patient:innen im Alltag der Radioonkologie besser berücksichtigt werden sollten. Expert:innen erklären, dass die Wünsche und Meinungen von Patient:innen im Alltag der Radioonkologie besser berücksichtigt werden sollten. © iracosma – stock.adobe.com
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Auch in der Radioonkologie sollen Wünsche und Meinungen von Patient:innen stärker berücksichtigt werden. Wie dies im Alltag aussehen kann, erklärten Expert:innen auf dem DEGRO.

Nachdem Mitglieder der jungen DEGRO (Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie) und der Arbeitsgemeinschaft Akademische Radioonkologie (AKRO) mit dem Motto „Innovative Radioonkologie im Team – präzise, personalisiert, menschlich“ die Zukunftsvision für die Radioonkologie 2030 entwickelt und publiziert haben, sollen die vorgeschlagenen Maßnahmen nun implementiert werden. 

Beim 29. Jahreskongress der ­DEGRO stellte sich die 16-köpfige Arbeitsgruppe „menschlich“ mit einer vielfältigen Session vor. Eines ihrer Ziele: Die Perspektive der Patient:innen stärker in radio­onkologische Therapieentscheidungen einfließen lassen. Patient empowerment – das sei die Voraussetzung dafür, um in der Radioonkologie zu gemeinsamen Therapieentscheidungen von Therapeut:innen und Patient:innen (shared decision making, SDM) zu kommen, sagte Mohamed Shouman, Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der LMU München. 

Komplementärmedizin berücksichtigen­­

Etwa jede:r zweite Krebspatient:in nutzt Komplementärmedizin, konstatierte Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. ­Diana Steinmann, Klaus-Bahlsen-Zentrum für Integrative Onkologie, Medizinische Hochschule Hannover. Dies sei gerade im Kontext der Radioonkologie auch sinnvoll, weil solche Maßnahmen bei Beschwerden wie Fatigue, Schlafstörungen oder auch Übelkeit helfen könnten, wenngleich die Datenlage insbesondere im Hinblick auf eine Verlängerung des Gesamtüberlebens dürftig sei. Für Details verwies Prof. Steinmann­ auf die S3-Leitlinie Komplementärmedizin.1

Demnach könne etwa Akupressur gegen durch Bestrahlung induzierte Übelkeit helfen, während Akupunktur in diesem Kontext nicht angewendet werden sollte. Bei Fatigue sollen laut Leit­linie körperliche Aktivität und Sport zum Einsatz kommen; auch TaiChi/Qigong und Yoga während und nach einer Chemo- oder Radiotherapie gelten als sinnvolle Optionen. Bei Ein- und Durchschlafstörungen nennt die Leitlinie TaiChi/Qigong als besonders empfehlenswerten Ansatz. Gerade im Kontext einer Radiatio sei es aber auch wichtig, Erkrankte auf schädigende Wirkungen einer Selbstmedikation hinzuweisen. So könne etwa Johanniskraut in Kombinationen mit Radiotherapie zu schwerer Hauttoxizität und Recall-Dermatitiden führen.2

Quellen:
1.     S3-Leitlinie Komplementärmedizin in der Behandlung onkologischer PatientInnen
2.    Putnik K et al. Radiat Oncol 2006; 1: 32 Steinmann D. 29. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie; Symposium 12

Basis für patient:innenzentriertes Forschen

In einem delphigestützten Konsensusverfahren unter Beteiligung von Expert:innen und Patient:innen entwickelte die ESTRO (European Society for Therapeutic Radiation and Oncology) gemeinsame Terminologien von patient empower­ment. Dabei stimmten bei 65 der 67 Konsensus-Statements, die 27 Expert:innen aus elf europäischen Nationen entwickelt hatten, auch Patient:innen zu. Mit diesem von beiden Seiten akzeptierten „Concept Mapping“ sei nun die Basis dafür gelegt, patient:innenzentrierte Forschung in der Radioonkologie standardisiert zu betreiben, so Shouman.

Im klinischen Alltag könne den Bedürfnissen der Erkankten in der Radioonkologie auch dadurch mehr Rechnung getragen werden, dass Medizinphysik-Expert:innen (MPE) in die Kommunikation mit Betroffenen eingebunden würden, so Nils Wegner­, Medizinische Physik und Strahlenschutz, Klinik für Strahlentherapie und Radio­onkologie Stuttgart. Die Klinik biete bereits seit 2001 regelhaft eine Medizinphysik-Sprechstunde ergänzend zum ärztlichen Aufklärungsgespräch an. In dem 15–20 Minuten dauernden Gespräch würden Erkrankte über Bestrahlungsplanung, Gerätetechnik, den Ablauf der Bestrahlung sowie Strahlenbiologie und Strahlenschutz informiert. Die Sprechstunde, die durchweg positiv angenommen werde, entlaste auch die Ärzt:innen und MRTA.

Quelle:
Shouman M. 29. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie; Symposium 12