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Moderne Wirkstoffe Auch alte Diabetes-Nieren brauchen Schutz

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Insbesondere bei älteren Patienten mit Diabetes und eingeschränkter Nierenfunktion muss anfangs eine nicht-diabetische Nierenerkrankung (z.B. eine Vaskulitis) ausgeschlossen werden. Insbesondere bei älteren Patienten mit Diabetes und eingeschränkter Nierenfunktion muss anfangs eine nicht-diabetische Nierenerkrankung (z.B. eine Vaskulitis) ausgeschlossen werden. © Aliaksandr Marko - stock.adobe.com
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Bei der Behandlung einer diabetischen Nierenerkrankung sind neben der RAS-Blockade SGLT2-Inhibitoren, Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten und GLP1-Analoga von großem Wert. Das gilt nicht nur für junge Patienten: Ältere profitieren von den neuen Therapie­optionen gleichermaßen.

In den Leitlinien gilt altersunabhängig eine eGFR < 60 ml/min/1,73 m2 als Grenzwert für eine Niereninsuffizienz. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass die Nierenfunktion auch im normalen Alterungsprozess abnehmen kann. Es gibt Daten, die zeigen, dass Patienten über 65 Jahren mit einer eGFR zwischen 45 und 60 ml/min/1,73 m2, aber ohne Albuminurie, keine schlechtere Prognose haben als die ohne Niereninsuffizienz. Deshalb mehren sich die Vorschläge, die Definition altersabhängig zu modifizieren und z.B. für über 65-Jährige die eGFR-Schwelle auf < 45 ml/min/1,73 m2 festzulegen.

Eine Albuminurie hat immer Krankheitswert

Eine Albuminurie allerdings hat niemals etwas mit normalem Altern zu tun. Sie zeigt immer ein erhöhtes Risiko für Progression der Niereninsuffizienz, endotheliale Dysfunktion, Dialyse sowie kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität an. 

Insbesondere bei älteren Patienten mit Diabetes und eingeschränkter Nierenfunktion muss anfangs eine nicht-diabetische Nierenerkrankung (z.B. eine Vaskulitis) ausgeschlossen werden. Das gilt vor allem, wenn sich die Niereninsuffizienz schon kurz nach der Diabetes­diagnose oder sogar davor manifestiert hat, schreiben Dr. Raja Ravender von der University of New Mexico School of Medicine und Koautoren in einem aktuellen Review.  

Die initiale Abklärung umfasst bei älteren ebenso wie bei jüngeren Patienten eine Urinanalyse, die Albumin/Kreatinin-Ratio, die eGFR, ein Blutbild und einige grundlegende metabolische Parameter (Natrium, Kalium, Kalzium, Bikarbonat und Phosphat) sowie eine Nierensonografie. Je nach Befunden können auch eine Hepatitisserologie, eine Urinelektrophorese sowie die Bestimmung von antinukleären Antikörpern, Rheumafaktor und Komplementfaktoren hilfreich sein.

Eine Nierenbiopsie ist nicht erforderlich, um eine Therapie einzuleiten. Denn die Wirksamkeit der Behandlung ist unabhängig von der Ursache der Niereninsuffizienz. Eine Biopsie wird jedoch sinnvoll, wenn atypische Befunde vorliegen, die für eine nicht-diabetische Ursache sprechen (siehe Kasten).

Was nicht für eine diabetische Nierenerkrankung spricht

Bei diesen Faktoren sollte man eine zusätzliche oder eine alternative Ursache für die Niereninsuffizienz erwägen:

  • fehlende Retinopathie
  • Albuminurie < 5 oder > 25 Jahre nach Diagnose eines Typ-1-Diabetes
  • Hämaturie
  • aktives Urinsediment (dysmorphe Erythrozyten)
  • nephritisches Syndrom
  • rascher eGFR-Verlust nach dem Beginn einer Therapie mit RAS-Blockern
  • eine plötzliche starke Zunahme der Albuminurie

Die Therapie verfolgt das übergeordnete Ziel, das kardiovaskuläre und renale Progressionsrisiko zu senken. Das gilt für ältere Patienten nicht weniger als für jüngere. Die Basis bilden Lebensstilmaßnahmen: Rauchen aufgeben, mindestens 150 Minuten pro Woche körperliche Aktivität und eine Ernährung mit weniger als 2 g/d Natrium und nicht mehr als 0,8 g/kg/d Proteinen. 

Terminale Niereninsuffizienz mit RAS-Blockern vermeiden

Bei der medikamentösen Behandlung sind RAS-Blocker die Basis, um die Progression einer diabetischen Nephropathie zu bremsen. Sie senken das Fünfjahresrisiko für eine terminale Niereninsuffizienz um durchschnittlich 30 %. 

SGLT2-Hemmer induzieren nicht nur eine Glukosurie, sondern reduzieren auch signifikant das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Diese Effekte sind insgesamt nicht altersabhängig. Die glukosurische Wirkung und die auf den HbA1c-Wert wird jedoch mit abnehmender Nierenfunktion schwächer. Aber auch bei niedriger eGFR gibt es noch hyper­filtrierende Nephrone, sodass der Einsatz dieser Substanzen trotzdem Sinn macht. 

Steroidale Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten (MRA) wie Spironolacton und ­Eplerenon senken den Blutdruck und die Proteinurie. Finerenon, der einzige kommerziell erhältliche nicht-steroidale MRA, wurde in zwei großen randomisierten Studien eingesetzt bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und Niereninsuffizienz, die trotz optimaler RAS-Blockade noch eine Albuminurie aufwiesen. Finerenon verringerte in diesen Studien das Risiko für terminale Niereninsuffizienz oder Abnahme der eGFR um mehr als 40 %, und zwar bei älteren Patienten gleichermaßen wie bei Jüngeren. 

Auch GLP1-Analoga oder duale GIP/GLP1-Rezeptoragonisten haben ausgeprägte metabolische Effekte und einen kardiorenoprotektiven Nutzen gezeigt. Sie senken die Glykämie bei minimalem Hypo­glykämierisiko und helfen bei der Gewichtsreduktion. Eine Metaanalyse kam zu dem Ergebnis, dass GLP1-Analoga das Risiko für größere kardiovaskuläre Ereignisse bei Erwachsenen über 65 Jahren mit Typ-2-Diabetes um 15,3 % senken, ähnlich wie bei jüngeren (16 %). 

Effekt der GLP1-Analoga auf Niere ist altersunabhängig

Die REWIND-Studie hat gezielt den Einfluss des Alters auf den renoprotektiven Effekt von GLP1-Analoga analysiert. Als renaler kombinierter Endpunkt wurde das Auftreten einer Makroalbuminurie, ein eGFR-Verlust von mehr als 30 % in zwei konsekutiven Messungen und eine neue Nierenersatztherapie definiert. Das Risiko für diesen Endpunkt nahm bei Patienten über 66 Jahren um 21 % ab, was sich nicht signifikant von dem Effekt bei Jüngeren unterschied. 

Insgesamt bewirken SGLT2-Hemmer, MRA und GLP1-Agonisten in allen Altersgruppen günstige Effekte und sollten deshalb älteren Patienten nicht vorenthalten werden, meinen die Autoren. Angesichts des hohen Risikos für kardiovaskulären Tod ist auch die Kombination dieser Wirkstoffklassen in Erwägung zu ziehen – denn Metaanalysen zeigen, dass dadurch die positiven Effekte noch verstärkt werden.

Quelle: Ravender R et al. J Clin Med 2024; DOI: 10.3390/jcm13020348