PCOS gefährdet Herz und Kreislauf Bei betroffenen Frauen regelmäßig Blutdruck, -fette und -zucker kontrollieren

Autor: Birgit Maronde

Immer im Blick behalten sollte man bei Patientinnen mit PCOS die Gefahr, dass sie eine atherosklerotisch bedingte kardiovaskuläre Erkrankung entwickeln. Immer im Blick behalten sollte man bei Patientinnen mit PCOS die Gefahr, dass sie eine atherosklerotisch bedingte kardiovaskuläre Erkrankung entwickeln. © SewcreamStudio – stock.adobe.com

Das polyzystische Ovarialsyndrom impliziert weit mehr als Zyklusstörungen und kosmetische Probleme. Es gibt auch eine kardiometabolische Facette. Bereits junge Betroffene haben ein deutlich erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Wie filtert man sie frühzeitig heraus und worauf gilt es in der hausärztlichen Versorgung zu achten?

Etwa eine von acht Frauen im gebärfähigen Alter weist ein polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) mit Androgenexzess und/oder ovulatorischer Dysfunktion und eine typische Morphologie der Eierstöcke auf. Häufig entwickeln Betroffene eine Insulinresistenz sowie Übergewicht bzw. Adipositas und in der Folge Typ-2-Diabetes, kardiovaskuläre Erkrankungen, eine obstruktive Schlafapnoe oder metabolische Fettleber, erklärte Prof. Dr. Susanne Reger-Tan vom Herz- und Diabeteszentrum in Bad Oeynhausen.

Der Androgenexzess wird vor allem an den klinischen Symptomen – Hirsutismus, androgenetische Alopezie, Akne – festgemacht. Das Labor bestätigt die erhöhten Androgenspiegel. Die ovulatorische Dysfunktion manifestiert sich mit einer Oligo- oder Amenorrhö. In der zweiten Zyklushälfte bleibt der Anstieg des lutealen Progesterons aus.

Im Rahmen des gynäkologischen Ultraschalls lässt sich die typische Morphologie des PCOS feststellen: ein erhöhtes Ovarialvolumen und/oder eine vermehrte Zahl antraler Follikel. Alternativ zum Ultraschall kann man das Anti-Müller-Hormon (AMH) bestimmen. Es gilt mit einer Sensitivität und Spezifität von jeweils 80 % als zuverlässiger Surrogatparameter der PCO-Morphologie und wurde deshalb als biochemischer Marker 2023 in die internationale Leitlinie1 mit aufgenommen. Da noch keine klaren Grenzwerte vorliegen, ist alles, was oberhalb des Laborreferenzbereichs liegt, als pathologisch zu werten, sagte Prof. Reger-Tan.

Der schwierige Weg zum eigenen Kind

Die Wahrscheinlichkeit, spontan schwanger zu werden, ist für Frauen mit PCOS deutlich geringer als für diejenigen ohne (ca. 55 % vs. 74 %). Zudem dauert es bei vorliegendem PCOS bis zur ersten Schwangerschaft mehr als zwei Jahre länger. Dies ergab die Analyse einer schwedischer Kohorte. Mit reproduktionsmedizinischer Hilfe steigt jedoch die Chance, ein Kind zu bekommen, auf das Niveau gesunder Frauen an, berichtete Prof. Reger-Tan.

In der Schwangerschaft müssen PCOS-Patientinnen vermehrt mit Komplikationen rechnen. Im Vergleich zu Frauen ohne diese Grunderkrankung ist ihr Risiko für Fehlgeburten deutlich erhöht (Odds Ratio, OR, 1,5). Gleiches gilt für die Wahrscheinlichkeit, einen Gestationsdiabetes (OR 2,4), eine Schwangerschafthypertonie (OR 2,2) oder eine Präeklampsie (OR 2,3) zu entwickeln. Bei PCOS-Frauen muss die Geburt häufiger eingeleitet (OR 1,6) und das Kind instrumentell (OR 1,2) oder per Kaiserschnitt (OR 1,2) geholt werden.

Dem PCOS kommt man über ein einfaches Screening auf die Spur:

  1. Liegen bei der Frau ein unregelmäßiger Zyklus und/oder klinische Zeichen eines Hyperandrogenismus vor? Sind beide Kriterien erfüllt und bleibt die Messung von TSH, Prolaktin, 17-OH-Progesteron und FSH zum Ausschluss wichtiger Differenzialdiagnosen unauffällig, darf man die Diagnose polyzystisches Ovarialsyndrom stellen.
  2. Fällt nur eines der beiden Hauptkriterien positiv aus, wird bei weiterhin bestehendem Krankheitsverdacht im zweiten Schritt das luteale Progesteron in der zweiten Zyklushälfte bzw. der Testosteronspiegel gemessen. Bestätigt sich dadurch das bis dahin fragliche Hauptkriterium, kann man vom Vorliegen eines PCOS ausgehen.
  3. Bleibt die laborchemische Bestätigung aus, folgt entweder eine sonografische Untersuchung, um die PCO-Morphoplogie nachzuweisen, oder die Messung des AMH (Cave: bis dato keine Kassenleistung!). Liegt eine typische Morphologie der Ovarien vor, sind insgesamt zwei von drei PCOS-Hauptkriterien erfüllt, und die Diagnose gilt als gesichert.

Androgenexzess geht meist mit Insulinresistenz einher

Nicht indiziert ist der Nachweis einer Insulinresistenz, darin waren sich die Autorinnen und Autoren der internationalen Leitlinie einig. Auch in der nationalen Leitlinie, die noch in diesem Jahr erscheinen soll, wird von der Messung abgeraten, informierte Prof. Reger-Tan. Für die klinische Routine gebe es nämlich kein verlässliches Diagnoseverfahren. Bei Patientinnen mit Androgenexzess könne man jedoch davon ausgehen, dass eine Insulinresistenz vorliegt.

Immer im Blick behalten sollte man bei Patientinnen mit PCOS die Gefahr, dass sie eine atherosklerotisch bedingte kardiovaskuläre Erkrankung entwickeln. Diese ist deutlich größer als bei Frauen ohne das Syndrom, wie eine eine US-amerikanische Datenbankanalyse zeigte. Die Risikoerhöhung für Vorhofflimmern/Arrhythmie betrug 14 %, für eine Herzinsuffizienz 22 %, für einen Schlaganfall 40 % und die für einen Myokardinfarkt sogar 78 %. In Abhängigkeit von den Faktoren Adipositas, Typ-2-Diabetes, arterielle Hypertonie und Dyslipoproteinämie stieg das kardiovaskuläre Risiko weiter an.

Frauen sind bereits ab 35 Jahren kardiovaskulär gefährdet, warnte Prof. Reger-Tan. Alle Patientinnen mit PCOS sollten daher im Hinblick auf ihren Fett- und Glukosestoffwechsel sowie hinsichtlich ihrer Blutdruckwerte überwacht und ggf. behandelt werden. Essenziell ist auch eine Lebensstilberatung, um die Gewichtskontrolle zu unterstützen.

Quellen:
1. Teede HJ et al. J Clin Endocrin Metab 2023; 108: 2447-2469; DOI: 10.1210/clinem/dgad463
2. Kongressbericht - 20. Diabetologie-Update-Seminar