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Bei chronischer Rhinosinusitis braucht es mitunter Geduld und mehrere Eingriffe

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Für die Diagnose „chronische Rhinosinusitis“ braucht es einen objektivierbaren Befund. Für die Diagnose „chronische Rhinosinusitis“ braucht es einen objektivierbaren Befund. © Science Photo Library/ Kulyk, Mehau
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Eine chronische Rhinosinusitis beeinträchtigt das Leben oft stärker als Angina pectoris, COPD oder kongestive Herzinsuffizienz. Häufig genügt eine medikamentöse Behandlung. Führt diese nicht zum Ziel, sollte man mit der Operation nicht zu lange warten.

Voraussetzung für eine Einstufung als chronische Rhinosinusitis (CRS) ist, dass der Patient zwölf Wochen oder länger an mindestens zwei der folgenden drei Symptome leidet:

  • behinderte Nasenatmung und/oder Rhinorrhö
  • Gesichtsschmerz bzw. -druck
  • Hyposmie

Zusätzlich zu den subjektiven Beschwerden muss mindestens ein objektivierbarer Befund vorliegen. Dazu zählen endoskopisch erkennbare Veränderungen (Sekret/Ödem im mittleren Nasengang, Polyposis nasi) ebenso wie CRS-typische Zeichen im CT (Bildgebung der Wahl).

Eine langfristige Kontrolle lässt sich oft schon mit einer medikamentösen Behandlung erzielen. Am besten ist die Evidenz für topische Steroide. Zahlreiche Studien belegen eine Reduktion von Symptomen und ggf. Polypengröße bei verbessertem Atemstrom. Nachweislich wirksam sind auch unterstützende salzhaltige Nasenspülungen. Als zusätzliche Therapieoption kommt bei der chronischen Sinusitis mit Polyposis nasi (CRSwNP*) der Einsatz systemischer Steroide in Betracht. Patienten mit chronischer Sinusitis ohne Polypen (CRSsNP) können (in Einzelfällen) von systemischen Antibiotika profitieren. Nicht verordnet werden sollten Antimykotika, schreiben Dr. Tanja­ Hildenbrand­ und Dr. Manuel­ C. Ketterer­ von der Universitäts-HNO-Klinik Freiburg.

Primäre chirurgische Sanierung ist möglich

Voraussetzung für eine chirurgische Sanierung ist das Scheitern der medikamentösen Therapie über einen Zeitraum von 8–12 Wochen. Allerdings sollte man die OP nicht zu lange hinauszögern: Patienten, vor allem solche mit starker Einschränkung, die innerhalb eines Jahres nach der Dia­gnose operiert werden, erzielen eine stärkere Symptomlinderung und bessere Kontrolle der o.g. Kardinalsymptome als mit alleiniger medikamentöser Therapie. Falls eine konservative Behandlung nicht aussichtsreich erscheint oder der Patient es wünscht, kann (bei entsprechendem zu erwartendem Nutzen) primär chirurgisch behandelt werden.

Als Standard gilt heute die endonasale endoskopische Operation. Ihre Wirkung ist in zahlreichen Studien belegt. In Kombination mit einer medikamentösen Behandlung kann sie die Lebensqualität langfris­tig erhöhen und Schmerz, Angst, und Depression lindern. Für den chirurgischen Eingriff stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung: Die funktionelle endoskopische Chirurgie zielt auf einen Erhalt der gesunden Schleimhaut und der natürlichen Drainagewege. Der mukoziliäre Transport und der Zugang für topische Medikamente werden verbessert.

Eine reine Polypektomie erleichtert zwar die Nasenatmung, ist aber mit einer Rezidivrate von 75 % belas­tet (35 % in den ersten sechs Monaten). Eine zusätzliche Nebenhöhlenoperation kann das Rückfallrisiko langfristig senken. Bei Patienten ohne Polypen führt eine Erweiterung des Kieferhöhlenostiums zu einer größeren Offenheitsrate als eine Entfernung des Processus uncinatus mit Belassen des natürlichen Ostiums.

Ein besonders hohes Rezidivrisiko tragen Patienten mit Polypen, Atopie und ASS-Intoleranz bzw. ausgeprägter Erkrankung im CT und Osteitis. Manche bleiben trotz wiederholter Revisionseingriffe und optimaler medikamentöser Therapie symptomatisch. Ihnen hilft möglicherweise ein aggressiveres operatives Vorgehen mit der Resektion von Polypen, osteitischem Knochen, Bio­filmen und der Schaffung eines größtmöglichen Zugangs für die topische Behandlung. Die postoperative Kontrolle erfolgt über verschiedene allgemeine und spezifische Erhebungen via Fragebogen und Assessments (SNOT-20, Sniffin Sticks). Da es so viele Varianten gibt, ist dadurch allerdings die Vergleichbarkeit von Studienergebnissen teilweise deutlich limitiert.

Eine Sonderform der chronischen Nebenhöhlenentzündungen ist die rezidivierende akute Rhinosinusitis (RARS). Diese Diagnose kann gestellt werden, wenn ein Patient mehr als vier bakterielle Sinusitiden im Jahr erleidet mit asymptomatischem Intervall zwischen den Episoden. Außerdem müssen die Symptome innerhalb von zehn Tagen nach einem oberen Atemwegsinfekt auftreten bzw. sich nach initialer Besserung innerhalb von 10 Tagen wieder verschlimmern.

Viele Patienten mit Sonderform wählen die OP

Die primäre Therapie besteht in einer kurzfristigen Antibiotikagabe während der akuten Phasen. Zusätzlich werden Nasenspülungen und topische Steroide empfohlen. Letztere können das Abklingen der Symptome beschleunigen und die Rezidivrate senken. Je nach Häufigkeit und Schwere der akuten Episoden und z.B. einem frustranen Therapieverlauf kommt auch eine operative Sanierung in Betracht, die die Anzahl der Infektionen signifikant reduziert und die Lebensqualität stärker bessert als eine medikamentöse Therapie. Deshalb entscheiden sich viele der zunächst konservativ behandelten RARS-Patienten im Verlauf doch für eine Operation.

* CRSwNP: chronic sinusitis with nasal polyps

Quelle: Hildenbrand T, Ketterer MC. Laryngo-Rhino-Otol 2020; 99: S5-S33; DOI: 10.1055/a-1012-9383