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Aortendissektion Bei reißendem Thoraxschmerz zur CT-Angiografie

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Anhand der Symptome lässt sich die komplizierte akute Typ-B-Läsion von der unkomplizierten differenzieren. Anhand der Symptome lässt sich die komplizierte akute Typ-B-Läsion von der unkomplizierten differenzieren. © Bits and Splits- stock.adobe.com
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Akute heftigste Thoraxschmerzen werden meist einem Herzinfarkt angelastet, doch können sie auch die Symptome einer Aortendissektion sein. Eine aktualisierte Leitlinie erläutert das Vorgehen bei diesem oft verkannten Krankheitsbild.

Bei der Aortendissektion kommt es durch einen Einriss der Intima zu einer Separation der Wandschichten mit Wühlblutung. Dabei entwickelt sich ein falsches Lumen, das auch den Blutfluss in abgehende Äste beeinträchtigen kann. Zur Einteilung anhand der Lokalisation hat sich die Standford-Klassifikation durchgesetzt: Als Typ A wird eine Dissektion in der Aorta ascendens bezeichnet – unabhängig von der Lage des primären Einrisses (Entry). Der in der aktualisierten Leitlinie behandelte Typ B bezeichnet Dissektionen der Aorta descendens. Hinsichtlich des zeitlichen Verlaufs unterscheidet man drei Varianten: akut (1–14 Tage), subakut (15–90 Tage) und chronisch (> 90 Tage).

Anhand der Symptome lässt sich die komplizierte akute Typ-B-Läsion von der unkomplizierten differenzieren, schreiben die Leitlinienautoren unter Federführung von Prof. Dr. ­Alexander ­Oberhuber, Klinik für vaskuläre und endovaskuläre Chirurgie am Uniklinikum Münster. Eine Malperfusion aortaler Äste (spinal, iliakal, viszeral, renal) signalisiert ein akutes Organversagen und sollte deshalb frühestmöglich erkannt werden. In der Folge kann es zu einer Paraparese oder Paraplegie, einer Ischämie der unteren Extremitäten sowie Bauchschmerzen, Übelkeit und Diarrhö kommen.

Eine weitere Komplikation ist die refraktäre Hypertension. Betroffene weisen trotz des Einsatzes von Wirkstoffen aus drei verschiedenen Klassen (maximal empfohlene bzw. tolerierte Dosis) erhöhte RR-Werte auf. 

CT liefert Hinweise auf drohende Ruptur

Hinweise auf eine drohende Ruptur liefert die Zunahme des peri­aortalen Hämatoms und des hämorrhagischen Pleuraergusses in der CT. Besonders stark vital gefährdet sind Patienten mit Falschkanalruptur und nachfolgender Kreislaufinstabilität, schwerer Hypotension oder Schock.

Die wichtigsten Risikofaktoren für die Typ-B-Aortendissektion sind arterielle Hypertonie, familiäre Belastung, männliches Geschlecht und Nikotin­abusus. Bei jungen Patienten sollte man neben genetischen Ursachen (z.B. Marfan-Syndrom) auch an einen Drogenkonsum (Kokain, Amphetamine) denken. 

Zu den typischen Beschwerden der akuten Aortendissektion zählen extrem starke, plötzlich einsetzende Thorax- bzw. Rückenschmerzen mit einem scharfen, reißenden Charakter. Ein unauffälliges EKG oder Röntgenbild schließt den Riss in der Gefäßwand nicht aus. Im Verdachtsfall sollte umgehend eine CT-Angiographie (Thorax, Abdomen) mit Darstellung der gesamten Aorta und ihrer Äste erfolgen.

Spezielle Therapieverfahren

  • Fenestration: Herstellung einer Verbindung zwischen falschem und wahrem Lumen, um die Malformation der Viszeralorgane zu beheben, offen oder endovaskulär möglich. 
  • PETTICOAT-Technik: Kombination eines Stentgrafts mit einem ungecoverten Dissektionsstent. Dabei wird das Haupt­entry mit einem proximalen Gefäßgitter abgedeckt. Der distale Stent beseitigt die Malperfusion der distalen thorakoabdominellen Aorta, ohne vitale Seitenäste zu verschließen.
  • STABILISE*-Technik: Bei dieser Technik wird zusätzlich zu TEVAR und PETTICOAT ein thorakales Stentimplantat im wahren Lumen so weit dilatiert, dass es in das falsche Lumen einbricht und sich dort abdichtet.

*    Stent Assisted Balloon Induced Intimal Disruption and Relamination in Aortic Dissection Repair

Alle Patienten mit nachgewiesener oder vermuteter Aortendissektion Typ B sollten in ein spezialisiertes Zentrum überwiesen werden. Die richtige medikamentöse Therapie kann eine Ruptur und/oder Verschlimmerung der Dissektion mit Gefahr für die Organdurchblutung verhindern. Das erfordert eine sorgfältige Kontrolle von Hypertension und Herzfrequenz. Der systolische Zielblutdruck liegt bei 100–120 mmHg, der anvisierte Puls bei 60 Schlägen pro Minute. Eine weitere Säule der konservativen Therapie ist neben der Überwachung der Vitalparameter die konsequente Analgesierung (i.v. Opioid), nicht zuletzt, weil Schmerz den Blutdruck weiter erhöhen kann.

Patienten mit akuter unkomplizierter Dissektion und intramuralem Hämatom und ulkusähnlicher Konfiguration (Tiefe > 5 mm) kann zusätzlich zur Medikation eine interventionelle Therapie mittels TEVAR (Thoracic Endovascular Aortic Repair) angeboten werden. Diese Versorgung mit einem Stentgraft im subakuten Stadium (Tag 15–90) sollte ausdrücklich offeriert werden, wenn der aortale Durchmesser beim Primärereignis 4 cm übersteigt. Liegen mehrere anatomische Risikofaktoren für eine Spätkomplikation vor, müssen die Betroffenen engmaschig überwacht werden. Auch sie profitieren eventuell von einer TEVAR in der subakuten Phase. Bei der akuten komplizierten Aortendissektion  wird zusätzlich zur Pharmakotherapie eine invasive Behandlung empfohlen. Dabei sollten endovaskuläre Optionen unter Abwägung von Wirksamkeit und Eingriffsrisiko gegenüber offenen bevorzugt werden. Als minimalinvasive Methode der Wahl gilt die Implantation eines Stentgrafts mit Abdichtung der primären Eintrittsstelle. Ein zusätzlich eingebrachter ungecoverter Stent scheint die malperfusionsassoziierte Mortalität im Kurzzeitverlauf zu senken. Je nach Befund können auch spezielle Verfahren sinnvoll sein.

Kriterien der akuten komplizierten Dissektion

Von einer akuten komplizierten Aortendissektion ist auszugehen bei:

  • Ruptur
  • Malformation mit Ischämie der Viszeralorgane, der Ex­tremitäten oder spinaler Ischämie
  • Hochrisikopatienten mit therapie­resistenten Schmerzen, therapierefraktärer Hypertonie, schneller Expansion des Aortendurchmessers

Für alle Patienten wird eine Reha empfohlen

Als chronisch wird eine Aortendissektion ab dem 90. Tag nach dem Primärereignis bezeichnet. Eine invasive Behandlung ist indiziert, wenn der maximale thorakale Gefäßdurchmesser 5,5 cm übersteigt oder innerhalb eines Jahres um mehr als 1 cm zunimmt. Die Wahl der Methode richtet sich nach den individuellen Risikofaktoren und der anatomischen Situation. 
Für alle Patienten mit einer Aortendissektion empfiehlt die Leitlinie eine Rehabilitation – unabhängig von der Art der Therapie (konservativ, operativ oder mit Stent). Außerdem sollten etwaige psychische Komorbiditäten wie Depression, Angst und posttraumatische Belas­tungsstörung eruiert werden. Falls die psychosomatische Grundversorgung nicht genügt, kann eine spezielle Therapie weiterhelfen.

Quelle: Leitlinie S2K Typ B Aortendissektion, AWMF-Register-Nr. 004-034, www.awmf.org

Für die Therapie der thorakalen Aorten­dissektion kommt auch die Implantation eines endovaskulären Stents in Betracht. 
Für die Therapie der thorakalen Aorten­dissektion kommt auch die Implantation eines endovaskulären Stents in Betracht. © Science Photo Library/Zephyr