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Typ-2-Diabetes Betroffene sollten Chance der Remission kennen

Autor: Friederike Klein

Wissen, was man isst – und einmal in der Woche wiegen. Wissen, was man isst – und einmal in der Woche wiegen. © rh2010 – stock.adobe.com
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Wenn Übergewichtige die Diagnose Typ-2-Diabetes erhalten, sollten sie darüber aufgeklärt werden, dass es eine Möglichkeit gibt, ihre Erkrankung wieder rückgängig zu machen. Wer zu Lebensstil-Interventionen motiviert werden kann, hat gute Chancen, nicht nur Kilos zu verlieren, sondern auch den Stoffwechsel zu normalisieren.

„Sie müssen es natürlich wollen“, betonte Professor Dr. Roy Taylor von der Universität Newcastle in Großbritannien. Dazu sollte man Betroffenen aber auch klar die Möglichkeit geben zu wählen: sich weiter müde und schlapp fühlen, Medikamente einnehmen müssen und die Risiken von diabetesassoziierten Komplikationen eingehen oder – mit einiger Mühe – das alles wieder loswerden. 

Als Mitautor der DiRECT-Studie empfiehlt er den Einsatz von Formula-Flüssignahrung für die erste Zeit der Gewichtsabnahme. Das nehme den Betroffenen einen guten Teil des Stresses: Es müssen keine geeigneten Nahrungsmittel gekauft und zubereitet werden und man kommt nicht ständig in den Konflikt, mehr und andere Dinge essen zu wollen. 

„Die beste Diät ist die, die man befolgen kann“

Analog der Intervention in der DIRECT-Studie1,2 empfiehlt Taylor für die Gewichtsabnahme eine Kalorienrestriktion auf etwa 800 kcal/Tag. „Wenn erst einmal die ersten schwierigen Tage vorbei sind, ist das leichter als gedacht. Damit hat man keinen großen Hunger,“ versprach er – gab aber auch zu: „Es ist etwas langweilig.“ 

Bei der Rückkehr zu einer normalen Ernährung nach zwölf bis 16 Wochen sollten die Menschen gut betreut werden. Man sollte erfragen, welche Präferenzen sie haben, z.B. bei Obst und Gemüse, und einen Aufbauplan zusammenzustellen, der die Mengen der Nahrungsmittel vorgibt, damit das neue Gewicht gehalten werden kann. Auch andere Gewichtsreduktionsdiäten können in Betracht gezogen werden – entscheidend ist, das zu finden, was Betroffene durchhalten können. „Der eine findet es einfacher, Kohlenhydrate wegzulassen, ein anderer reduziert lieber Fett und wieder andere bevorzugen das intermittierende Fasten“, meinte Taylor. „Die beste Diät ist die, die man befolgen kann.“ 

Körperliche Aktivität kann zur absoluten Gewichtsabnahme allerdings nur wenig beitragen, stellte Professor Dr. Dominik Pesta von der translationalen Stoffwechsel-Forschungsgruppe im Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln klar. „Training ist nicht zwangsweise für eine Gewichtsverlust nötig“, sagte er und ergänzte „leider“. Aber Bewegung kann etwas anderes bieten: Aerobes Training hilft, viszerales Fett abzubauen, der Muskelaufbau wird gefördert und das Herz belastbarer. Zudem hilft es, Appetit und Sättigungsgefühl zu regulieren. Nach dem Gewichtsverlust ist körperliche Aktivität zudem extrem wichtig, um das erreichte Körpergewichts zu halten. 

Wichtig ist, die richtige Art der Betätigung zu finden, ergänzte Professor Dr. Richard Bracken, Sportwissenschaftler von der Swansea Universität in Großbritannien. Er empfahl, den Betroffenen verschiedene Alternativen zu nennen und zu hören, was sie gerne tun würden. Zudem forderte er einen Sinneswandel: weg von den strikten Regeln wie dreimal wöchentlich eine Stunde moderat intensives aerobes Training hin zu mehr alltagsrelevanten Bewegungsmöglichkeiten – von der Gartenarbeit bis zum Fußweg zur Arbeit. „Die Bewegung muss in den Alltag integriert werden“, betonte er.

Schritte zählen – aber besser keine Kalorien

Das „Tracking“ der eigenen Aktivitäten, z.B. mit einem Schrittzähler,  kann bei vielen Personen zur Motivation beitragen. „Der Durchschnitt liegt weltweit bei 5.000 Schritten pro Tag. Schon mit 2.000 Schritten mehr wurden relevante Gesundheitseffekte berichtet“, erklärte Prof. Pesta. Vorsichtig sollte man dagegen mit dem Kalorienzählen sein, ergänzte Prof. Taylor: „Das ist nicht vereinbar mit einem gesunden oder glücklichen Leben.“ Wichtig könne es sein zu lernen, was in welchen Nahrungsmitteln enthalten ist. Entscheidend für die Selbstkontrolle bei einer Lebensstilintervention wegen Übergewicht sei es in jedem Fall, sich wöchentlich zu wiegen und das Gewicht zu notieren.

Quellen:

  1. Lean ME et al. Lancet 2018; 391: 541–551; doi: 10.1016/S0140-6736(17)33102-1

  2. Lean MEJ et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2019; 7: 344–355; doi: 10.1016/S2213-8587(19)30068-3 

Kongressbericht: 58th EASD Annual Meeting, Stockholm