
Exkrement als Medikament CED: Fäkaler Mikrobiomtransfer als Therapie

Das gastrointestinale Mikrobiom umfasst alle Bakterien, Pilze, Viren und Archaeen, die sich im Verdauungstrakt befinden. Diese „Lebensgemeinschaft“ scheint einerseits eine zentrale Rolle bei der körperlichen Entwicklung, beispielsweise des Immunsystems, zu spielen und andererseits die Regulation von Körperfunktionen wie den Stoffwechsel zu beeinflussen, schreibt Prof. Dr. Andreas Stallmach vom Universitätsklinikum Jena.
Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen weist die intestinale Flora eine reduzierte Diversität und veränderte taxonomische Muster auf. Firmicutes, also Bazillen und Clostridien inklusive das entzündungshemmende Faecalibacterium prausnitzii, kommen seltener vor. Dagegen häufen sich Proteobakterien (darunter E. coli und Salmonellen) oder Bacteroidetes.
Die mikrobielle Signatur korreliert mit dem Phänotyp der Erkrankung und dem Ansprechen auf die Behandlung, aber auch mit dem Wohnort. Trotzdem lohnen sich kommerzielle Mikrobiomanalysen aus der Sicht von Prof. Stallmach zurzeit nicht. Auch die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten rät von ihrem Gebrauch ab. Denn sie erlauben keinerlei Aussagen zu möglichen Prädispositionen und Erkrankungen sowie zu präventiven bzw. therapeutischen Maßnahmen.
Der fäkale Mikrobiomtransfer (FMT) ist die einfachste, aber auch drastischste Methode, ein dysbiotisches Mikrobiom zu modulieren. Der FMT hat sich insbesondere zur Prophylaxe rezidivierender Clostridium-difficile-Infektionen als wirksam erwiesen. Ähnlich wie bei einer Bluttransfusion wird das biologische Material von einem passenden Spender gewonnen, gegebenenfalls noch aufgearbeitet, gelagert und bei Bedarf auf den Empfänger übertragen. Die Verabreichung kann direkt als ein Klysma, durch ein Endoskop (Jejunoskopie oder Koloskopie) oder über nasojejunale Sonden erfolgen.
Für längerfristige Therapiekonzepte, wie sie im Rahmen einer Colitis ulcerosa erforderlich sind, kann das Mikrobiom in magensaftresistente Tabletten überführt und oral eingenommen werden. In Deutschland stellt der FMT einen individuellen Heilversuch dar, bei dem ein nicht zugelassenes, selbst hergestelltes Arzneimittel verabreicht wird. Eine Ausnahme bildet die Anwendung von FMT im Rahmen von klinischen Studien. Voraussetzung für einen individuellen Heilversuch mit FMT ist, dass das fäkale Mikrobiom unter unmittelbarer fachlicher Verantwortung für die direkte Anwendung bei einem bestimmten Patienten durch einen Arzt hergestellt wird.
Beim FMT unterscheidet man grundsätzlich zwischen der direkten Applikation von unmittelbar nach der Stuhlspende verflüssigtem Stuhl und der Verabreichung von prozessiertem Spenderstuhl. Beide Strategien haben Vor- und Nachteile. So nimmt zwar die Ähnlichkeit mit menschlichem Stuhl mit dem Ausmaß der Prozessierung ab, die Sicherheit aber zu.
Die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel hat in den vergangenen Jahren verschiedene „Live Biotherapeutic Products“ zur Prophylaxe der rekurrenten Clostridioides-difficile-Infektion zugelassen. Hierbei handelt es sich um definierte Mischungen lebender Mikroben, die aus menschlichem Stuhl hergestellt, prozessiert und in Form von Einläufen oder oral in Form von Kapseln verabreicht werden.
Da diese Produkte nicht an die Komplexität von Vollstuhl heranreichen, bezweifelt der Autor allerdings, dass sie das volle Potenzial entfalten können. Dennoch ist zu erwarten, dass es in den nächsten Jahren diverse therapeutische Verfahren geben wird, mit denen das Mikrobiom wieder ins Gleichgewicht gebracht werden kann, um Erkrankungen vorzubeugen oder sogar zu heilen.
Quelle: Stallmach A. Dtsch Med Wochenschr 2025; 150: 157-162; DOI: 10.1055/a-2303-3368