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Chirurgischer Eingriff kann Kreuzschmerz auch im Alter lindern

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Langes Stehen oder Gehen ist aufgrund der Schmerzen für die meisten Patienten nicht möglich. Langes Stehen oder Gehen ist aufgrund der Schmerzen für die meisten Patienten nicht möglich. © LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com
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Gerade ältere Menschen müssen sich oft schon nach kurzem Stehen oder Gehen abstützen, weil sie ihre Rückenschmerzen sonst nicht aushalten. Ihnen kann unter Umständen eine Wirbelsäulenoperation helfen.

Chronische lumbale Schmerzen plagen Millionen und vor allem Ältere. Ausgelöst werden sie durch eine gestörte sagittale Balance z.B. infolge von Verletzungen, früheren Rückenoperationen oder einer zunehmenden Wirbelsäulendegeneration. Dabei verändern sich die aufeinander abgestimmten Krümmungen der Wirbelsäule, sodass das Rückgrat nach vornüber kippt, schreibt Privatdozent Dr. Gregory Jost von der Spinalen Chirurgie am Spitalzentrum in Biel. Ein aufrechtes Gehen und Stehen ist in dieser Situation nur noch mit – unbewusst ablaufenden – muskulären Kompensationsmechanismen möglich.

Aufgrund des fortschreitenden Abbaus und nachlassender Muskulatur kann diese Haltung im Alter zu Ermüdungsschmerzen führen, die durch Abstützen verschwinden. Im Sitzen und Liegen haben die Betroffenen keine Beschwerden.

Besserung vor allem bei zusätzlicher Skoliose

Das im Stehen aufgenommene Röntgenbild zeigt eine abgeflachte Lordose der LWS nebst kompensatorischer pelviner Retroversion. Dabei verlagert sich das Promontorium des Kreuzbeins meist weit hinter die Hüftgelenksköpfe. In drei von vier Fällen besteht zudem eine Skoliose. Eine operative Dekompression und Stabilisation vermag die Rücken- und Beinschmerzen besser zu lindern als eine konservative Therapie.

Von dem Eingriff profitieren bezüglich der Schmerzlinderung vor allem diejenigen mit zusätzlicher Skoliose. Allerdings geht nicht jede Störung der sagittalen Balance im Alter mit Schmerzen einher und nicht jede schmerzhafte Veränderung muss maximal korrigiert werden. Dieser Grundsatz hilft bei der OP-Planung für Menschen, deren Beschwerden vor allem auf einer begleitenden Spinalkanal- oder Foraminalstenose beruhen. Je älter der Patient ist, desto eher sollte man sich auf eine partielle Rekonstruktion der aufgehobenen LWS-Lordose beschränken.

Dr. Jost mahnt darauf zu achten, dass Kranke mit Sarkopenie oder neurodegenerativen Erkrankungen eine korrigierte Wirbelsäulenform womöglich nicht mehr muskulär stabilisieren können. Andere fallen in alte Haltungsmuster zurück, weil sie vom Kopf her nicht mit der neuen Körperform zurechtkommen. Bei wieder anderen verhindern Kontrakturen der Bauchmuskeln oder der ischiocruralen Muskulatur die gesunde Position.

Die Eingriffe sind generell recht aufwendig und weisen bisher hohe Komplikations- und Revisionsraten auf. Um sie zu verringern, orientieren sich neuere Berechnungen an Röntgenaufnahmen der gesamten Wirbelsäule. Entscheidend für ein positives Resultat ist die Verteilung des Lordose-Winkels über die einzelnen Segmente. So sollte der Winkel zwischen L4 und S1 etwa 50–80 % der gesamten LWS-Lordose betragen. Nicht mehr operable Patienten können die Belastung des M. erector spinae mit Gehstöcken, Rollator oder häufigen Sitzpausen verringern.

Quelle: Jost G. Swiss Med Forum 2020; 20: 256-258; DOI: 10.4414/smf.2020.08501