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Teillegalisierung von Cannabis „Das Gesetz ist in der Prävention völlig weg von der Lebenswirklichkeit“

Autor: Bianca Lorenz/Tobias Stolzenberg

Die Cannabis-Legalisierung wird von vielen stark kritisiert. Die Cannabis-Legalisierung wird von vielen stark kritisiert. © LiliGraphie - stock.adobe.com
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Der Widerstand gegen das Cannabisgesetz reißt nicht ab. Auch weite Teile der Ärzteschaft sehen die Legalisierung der Droge nach wie vor ausgesprochen kritisch.

„Das Gesetz ist in der Prävention völlig weg von der Lebenswirklichkeit“, kritisiert etwa Erik Bodendieck die teilweise Freigabe. Es sei kaum zu kontrollieren, ob die Regelungen und Vorgaben auch eingehalten werden.

Bodendieck ist Suchtmediziner, Präsident der Landesärztekammer Sachsen und Co-Vorsitzender des Ausschusses Sucht und Drogen der Bundesärztekammer. Im Gespräch mit Medical Tribune berichtet er von seinen Erfahrungen aus der Suchttherapie. „Wir wissen, dass das Erstgebrauchsalter von Cannabis unter 18 Jahren liegt.“ Seiner Einschätzung nach ist das neue Gesetz kaum dazu geeignet, vor allem junge Menschen vom Drogenkonsum abzuhalten. Stattdessen erleichtere die Teillegalisierung die Weitergabe der Droge. Der Suchttherapeut sieht gravierende Gesundheitsgefahren insbesondere für Jugendliche und Heranwachsende. Bekanntlich sei etwa die Hirnreifung frühestens mit 25 Jahren abgeschlossen.

In die gleiche Richtung gehen die Bedenken von Prof. Dr. Maximilian Pilhatsch, Chefarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an den Elblandkliniken in Radebeul, dazu Leiter der Suchtambulanz am Uniklinikum in Dresden. Allein schon durch die Debatten der vergangenen Jahre sieht er eine gefährliche Verharmlosung der Droge gegeben. Nun werde neben der Akzeptanz auch die Verfügbarkeit von Cannabis weiter erhöht.

„Als Suchttherapeut arbeitet man ja immer mit den Konsequenzen, die das Suchtverhalten hat“, erläutert er. Man versuche, den Blick weg vom kurzfristigen Gewinn, den eine Droge bringt, auf die langfristigen schädlichen Folgen zu richten. Bei vielen Patienten, mit denen er es zu tun hat, hätten erst Probleme mit der Polizei oder ein Gerichtsverfahren zum Umdenken geführt. „Ich finde das sehr kritisch, dass diese negativen Konsequenzen durch das Gesetz weggenommen werden.“

Das Thema Cannabis gehört ins Anamnesegespräch

Wie die Frage nach dem Tabak- und Alkoholkonsum gehört das Thema Cannabisgebrauch in ein Anamnesegespräch hinein, macht Bodendieck deutlich. Bei den Jugend- und Arbeitsschutzuntersuchungen habe man verschiedene Möglichkeiten, an die jungen Menschen heranzukommen.

Prof. Pilhatsch rät ebenfalls zu intensiverer Aufklärung. Vieles sei allgemein bekannt, beispielsweise aber nicht, dass bei frühem Cannabiskonsum der IQ abnehme. Auch könne es zu Veränderung am Erbgut kommen. Über diese Gefahren gelte es mehr zu informieren, um junge Menschen vom Drogengebrauch abzuhalten.

Quelle: Medical-Tribune-Bericht

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