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Ozon- und Feinstaubbelastung Dicke Luft hemmt Sportsfreunde

Autor: Dr. Melanie Söchtig

In bestimmten Teilen der Welt sind die jahreszeitlichen Schwankungen der Luftverschmutzung besonders deutlich ausgeprägt. In bestimmten Teilen der Welt sind die jahreszeitlichen Schwankungen der Luftverschmutzung besonders deutlich ausgeprägt. © Gina Sanders – stock.adobe.com
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Beim Training im Freien setzen Smog und Abgase den Athleten zu, im Fitnessraum nehmen ihnen Reinigungsmittel und Formaldehyd den Atem. Kanadische Fachgesellschaften haben evidenzbasierte Empfehlungen erarbeitet, wie sich Sportler vor Luftschadstoffen schützen können.

Der gesundheitliche Nutzen von Sport ist unbestritten. Doch lokales Wettergeschehen, Luftverschmutzung und Klimawandel haben das Potenzial, die Vorteile von Training und Bewegung zunichtezumachen, schreibt eine Gruppe um ­Andy ­Hung von der University of ­British ­Columbia in ­Vancouver. In einem gemeinsamen Positionspapier geben die Autoren Ratschläge, wie sich Profi-, Amateur- und Freizeitsportler vor Feinstaub, Ruß, Stickoxiden, Ozon und anderen Luftschadstoffen schützen können.

Luftqualität mit tragbaren Sensoren lokal messen

Die generelle Empfehlung vieler Gesundheitsbehörden, körperliche Aktivitäten bei schlechter Luftqualität einzuschränken oder ganz zu unterlassen, wollen Hung und Kollegen nicht ohne Weiteres unterstützen. Es gebe schlichtweg keine Evidenz für diesen Rat, meinen sie. Ihrer Ansicht nach dürfe es bei dicker Luft nicht das Ziel sein, intensive Anstrengungen per se zu meiden. Man müsse vielmehr darauf achten, die Gesamtdosis an inhalierten Schadstoffen zu minimieren. Dazu bedarf es freilich einiger Planung sowie einer gewissen Flexibilität im Trainingsplan und bei der Wahl der Sportstätte.

Für viele Regionen Kanadas und für zahlreiche Orte und Stadtviertel lässt sich beispielsweise der aktuelle und der prognostizierte Grad der Luftverschmutzung im Internet einsehen und das Training ent­sprechend planen. Alternativ kann man mittels trag­barer Sensoren die relevanten Schadstoffe in der Außenluft selbst ermitteln.

Kaum überraschend kommt die Empfehlung, sich beim Sporttreiben möglichst von Autobahnen, Hauptstraßen und Industrieanlagen fernzuhalten und stattdessen in Grünanlagen auszuweichen. Bei hohen Schadstoffwerten könne es zudem sinnvoll sein, sein Training nach drinnen zu verlagern. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Raumluft nicht durch Reinigungs- und Desinfektionmittel oder durch die Ausdünstungen von Lacken, Farben und Böden belastet ist und keine Schadstoffe von außen eindringen.

Die Luftqualität in den Gebäuden lässt sich durch entsprechende Haus- bzw. Belüftungstechnik auch bei schmutziger Außenluft gewährleisten, meinen Hung und Kollegen. Sie raten darüber hinaus, tragbare Luftreiniger mit HEPA*-­Filtern zu nutzen. Außerdem empfehlen sie Sportlern, bei der Anfahrt zur Trainingsstätte die Fenster des Fahrzeugs geschlossen zu halten und die Klimaanlage mit Innenluftfilter einzuschalten.

Die Schadstoffbelastung ist nicht nur lokal sehr unterschiedlich, sie unterliegt auch tageszeitlichen sowie saisonalen Schwankungen. Da bodennahes Ozon unter Einwirkung von ultraviolettem Licht aus Stickoxiden und flüchtigen organischen Substanzen entsteht, erreichen bei entsprechenden Wetterlagen die Ozon werte in der Regel nachmittags ihren Höhepunkt. Die Feinstaubbelastung steigt bis zum Abend an und geht bis zum frühen Morgen des nächsten Tages zurück. Daraus kann man schließen, dass für gewöhnlich der frühe Morgen die beste Zeit zum Sporttreiben ist.

Bei Waldbränden örtliche Windverhältnisse beachten

In bestimmten Teilen der Welt sind die jahreszeitlichen Schwankungen der Luftverschmutzung besonders deutlich ausgeprägt. Beispiele hierfür sind die Waldbrandsaisons im Westen Nord­amerikas und die Zeit der Brandrodungen in Südost­asien. Obwohl diese Ereignisse über Tage bis viele Wochen andauern, können Sportler lokale Wind- und Wetterveränderungen nutzen, um einen Trainingsort mit möglichst geringer Luftverschmutzung zu wählen. Sportler, die einer hohen Feinstaubbelastung ausgesetzt sind, sollten außerhalb des Trainings oder des Wettkampfes zudem eine N95-, KN95- oder eine FFP2-Maske tragen, meinen Hung und Kollegen.

Dosis von Asthmamedikation nicht selbst erhöhen

Sportler können eine belastungsinduzierte Bronchokonstriktion entwickeln, Menschen mit ­Asthma ­bronchiale drohen bei hoher Luftverschmutzung häufiger akute Exazerbationen. Bislang gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass Antiasthmatika die Folgen der Luftverschmutzung abschwächen, schreiben die Autoren des Positionspapiers. Umgekehrt scheinen sie die Symptome auch nicht zu verschlimmern. Deshalb sollten Patienten mit belastungsinduzierter Bronchokonstriktion oder ­Asthma ihre Medikamente wie verordnet einnehmen, aber davon absehen, die Dosis vor dem Sport eigenmächtig zu erhöhen.

Den schädlichen Folgen des Ozons lasse sich mit Anti­oxidanzien begegnen, heißt es in dem Review der kanadischen Wissenschaftler. Sie halten es durchaus für sinnvoll, spätestens eine Woche vor dem Training in einer Umgebung mit hohen Ozonwerten 250–650 mg Vitamin C, 5–100 mg Vit­amin E sowie 25 mg ­Betakarotin zu schlucken.

*    high-efficiency particulate air

Quelle: Hung A et al. Br J Sports Med 2023; DOI: 10.1136/bjsports-2022-106161