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Eosonophile Granulozyten Die vielen Gesichter der Eosinophilie

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Bei der Eosinophilie erhöht sich die Zahl eosinophiler Granulozyten im Blutbild. Bei der Eosinophilie erhöht sich die Zahl eosinophiler Granulozyten im Blutbild. © Dr_Microbe – stock.adobe.com
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Eine Eosinophilie tritt häufig als Folge einer Grunderkrankung auf. Das Übermaß eosonophiler Granulozyten im Blut kann schwere Organschäden verursachen. Mit einer systematischen Diagnostik erkennt man rechtzeitig, wer zum Spezialisten muss.

Die Vermehrung der eosinophilen Granulozyten im peri­pheren Blut kann sehr unterschiedliche Ursachen haben. Eine klonale Proliferation dieser Leukozytenfraktion wird auch als primäre Eosinophilie bezeichnet. Sie tritt z.B. als Folge einer myeloproliferativen Neoplasie, aber auch idiopathisch auf, schreiben Dr. Clare­ Thakker­ vom University College London und Kollegen. Bei der reaktiven Eosinophilie hingegen kommt es zu einer poly­klonalen Expansion, ausgelöst durch eine Infektion, Entzündung oder eine Allergie. Sie kann mit verschiedenen gastrointestinalen, rheumatologischen und pneumologischen Erkrankungen einhergehen.

Anamnese und klinische Untersuchung bilden das Grundgerüst der Abklärung. Die Experten empfehlen zudem, ein kleines Labor mit Differenzialblutbild, Blutausstrich und Entzündungsmarkern (BSG oder CRP) anzuordnen. Patienten, bei denen der Verdacht auf eine Organ­beteiligung besteht, müssen dringlich zum Spezialisten überwiesen werden. Gleiches gilt, wenn der Blutausstrich für eine hämatologische Neoplasie spricht. 

In den Industrieländern dominieren Allergie und Arzneimittel­unverträglichkeit als Auslöser einer sekundären (reaktiven) Eosino­philie. Allergien zeigen sich etwa in Form einer Dermatitis oder einer saisonalen Rhinitis. Spezifische Tests sichern die klinische Verdachtsdiagnose. Bei Dyspnoe, Giemen, Hus­ten oder anderen respiratorischen Symptomen liegt ein Asthma als Auslöser nahe.

Ist womöglich die Lunge am Geschehen beteiligt?

Die Beschwerden können aber auch von einer allergischen broncho­pulmonalen Aspergillose (ABPA) oder einer eosinophilen Pneumonie herrühren. Zum Nachweis pulmonaler Infiltrate sollte der ­Patient zum Röntgenthorax. Ein positives Ergebnis deutet auf eine Lungenentzündung hin, beim ABPA-Verdacht folgt die Überweisung zum Pneumologen. Alternativ können vorab Gesamt- und Aspergillus-IgE bestimmt werden. Falls ein ­Asthma vermutet wird und der Röntgenbefund weiterhin negativ bleibt, schließen sich eine Spirometrie und die weitere Asthma­diagnostik an.

Überempfindlichkeiten gegenüber Arzneimitteln können asymptomatisch bleiben, aber auch das lebensgefährliche DRESS*-Syndrom auslösen. Reaktionen manifestieren sich meist innerhalb von drei Wochen bis drei Monaten, erläutern Dr. ­Thakker und Kollegen. Asymptomatische Patienten mit Verdacht auf Arzneimittel­unverträglichkeit sollten Rücksprache mit dem verordnenden Arzt halten, der die Medikation absetzt oder modifiziert. Nach drei Monaten ist eine Verlaufskontrolle mittels Differenzialblutbild indiziert. 
Insbesondere bei Tropenreisenden – und in manchen Fällen bei Migranten – dürfen parasitäre Infektionen, vor allem ein Wurm­befall, als Auslöser der Eosinophilie nicht unterschätzt werden. Eine in diesem Zusammenhang wichtige Erkrankung ist die Strongyloidose. Sie verursacht oft keine Beschwerden, kann aber ein Leben lang persistieren und im Zusammenhang mit einer Immunsuppression eine lebensbedrohliche Hyperinfektion und bakterielle Sepsis auslösen. Auch Bilharziose oder Filariose sind häufig, je nach Region kommen auch andere endemische Parasiten vor. Symptomatische Patienten, bei denen der Verdacht auf eine Helminthen­infektion besteht, sollten direkt zum Infektiologen. Das Gleiche gilt für asymptomatische Patienten mit Verdacht auf Wurmbefall, bei denen die Eosinophilie über drei Monate hinaus besteht.

Zu den möglichen Magen-Darm-Symptomen einer Eosinophilie zählen Bauchschmerzen, Dysphagie, Übelkeit und Erbrechen sowie veränderte Stuhlgewohnheiten, ausgelöst etwa durch eine eosinophile Ösophagitis, Gastritis oder Kolitis. Möglicherweise liegt den Symptomen aber auch eine Zöliakie, eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung oder eine anhaltende Pankreatitis zugrunde. Daher sollten unter anderem Antikörper gegen Gewebs­transglutaminase und das Calprotectin bestimmt werden. Auch die Überweisung zum Gastroenterologen ist dann angebracht. 

Für eine rheumatische Erkrankung als Ursache der Eosinophilie sprechen artikuläre Schwellungen sowie Muskel- und Gelenkschmerzen, auch Myasthenie und Hautausschläge. Krankheiten, die mit Eosinophilie einhergehen, sind unter anderem systemischer Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis und Vaskulitiden wie die Polyarteriitis nodosa. Entsprechend ist eine gezielte Untersuchung beim Rheumatologen indiziert. Labordiagnostisch sind je nach Konstellation Rheumafaktoren, Antikörper gegen cyclische citrullinierte Proteine (­Anti-CCP) sowie die Anti-Neutrophilen cytoplasmatischen (ANCA) und Anti­nukleären Antikörper (ANA) von Interesse.

Finden sich keine Symptome oder Risikofaktoren für eine reaktive Eosinophilie, sollte nach weiteren primären Erkrankungsformen wie dem idiopathischen hypereosinophilen Syndrom gesucht werden. Zur Dia­gnostik gehört dann eine klinische Untersuchung, um eine Organbeteiligung feststellenzu können, möglicherweise auch eine hämatologische Neoplasie. Außerdem raten die Autoren zu einer Kontrolle des Blutausstrichs sowie einer Bestimmung von Vitamin B12 und LDH. 

Hält die Eosinophilie an, muss der Hämatologe ran

Konkretisieren sich malignom­verdächtige Befunde (B-Symptome, Lymphadenopathie, pathologischer Blutausstrich), sollte der Patient zum Hämatologen überwiesen werden. Ansonsten wird das Differenzialblutbild nach einem Monat wiederholt. Bei fortbestehender Eosinophilie ist ebenfalls der Gang zum Spezialisten erforderlich.

*    drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms

Quelle: Thakker C et al. BMJ 2023; 380: e070295; DOI: 10.1136/bmj-2022-070195