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Alkohol und Krebs DNA-Schäden sind reparabel

Autor: Dr. Franziska Hainer

Acetaldehyd interagiert schon in geringen Mengen mit der DNA. Acetaldehyd interagiert schon in geringen Mengen mit der DNA. © KMPZZZ – stock.adobe.com
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Nach starkem Alkoholkonsum das Trinken einzustellen oder zumindest zu reduzieren, tut nicht nur der Leber gut. Abstinenz verringert auch das Krebs­risiko, vor allem im Mund-Rachen-Bereich. Drei Wege wurden identifiziert, über die Alkohol kanzerogen wirken kann.

Um die Auswirkungen eines Alkoholstopps auf das Krebsrisiko zu ergründen, analysierte die Arbeitsgruppe um Dr. ­Susan ­Gapstur vom französischen Zentrum für Krebsforschung zahlreiche epidemiologische Studien sowie Untersuchungen zur Karzinogenese. Die Forscher fanden eine hohe Evidenz für drei Faktoren, durch die alkoholgesteuerte Karzinogenese ausgelöst wird: 

  • die Acetaldehyd-Exposition im Speichel,
  • die genotoxische Wirkung und 
  • die Störung des Darm­epithels. 

Acetaldehyd, das Abbauprodukt von Ethanol, ist genotoxisch, d.h. es kann Veränderungen im Erbgut bewirken. Die Substanz trägt maßgeblich zur kanzerogenen Wirkung des Alkohols bei. Sie reichert sich in Speichel, Magensaft und im Koloninhalt an. Besonders gefährdet sind Raucher und Menschen mit verminderter Aktivität der Enzyme Alkoholdehydro­genase und Aldehyddehydrogenase 2, da bei ihnen die Konzentration von Acet­aldehyd im Speichel teilweise massiv erhöht ist. 

Je länger die Abstinenz anhält, desto größer die Risikoreduktion

Acetaldehyd interagiert schon in geringen Mengen mit der DNA. Es kann DNA-Schäden, Mutationen und Chromo­somen­ano­malien hervorrufen. Auch seine Vorstufe Ethanol induziert Stoffwechselwege mit genotoxischen und oxidativen Endprodukten

Im Darmepithel schädigt Alkohol die Barrierefunktion und führt so zu einer erhöhten Translokation von Bakterien und Endotoxinen durch die Mukosa. Die hervorgerufene systemische Inflammation könnte über oxidativen Stress, veränderte Zytokinspiegel und gehemmte Immunantwort zur Krebsentstehung beitragen, schreiben die Autoren.

Bei Menschen mit vormals hohem Alkoholkonsum ließ sich durch Abstinenz ein Rückgang der DNA-Veränderungen in Blutzellen feststellen. Die mikrobielle Translokation an der Darmwand war bei abstinenten Alkoholkranken ­reversibel.

Die in den Review eingeschlossenen epidemiologischen Studien untersuchten das Krebsrisiko nach Alkoholstopp im Vergleich zum fortgesetzten Konsum. Es zeigte sich unter anderem, dass das Risiko für Ösophaguskarzinome durch Alkohol­abstinenz wirksam gesenkt wird. Je länger die Abstinenz anhielt, desto mehr sank das Karzinomrisiko. So betrug die Odds Ratio nach fünf bis zehn Jahren 0,85 und nach > 15 Jahren 0,35.

Risikoreduktion ließ sich nicht für alle Krebsarten belegen

Für Larynxkarzinome belegte eine Studie eine Risikoreduktion um 31 % bei einer Abstinenz von mehr als 20 Jahren, verglichen mit fortgesetztem Konsum.

Doch nicht für alle Krebsarten konnten überzeugende Daten gefunden werden. Zur Assoziation von Alkoholreduktion bzw. -stopp und Kolorektalkarzinomen zeigte sich eine Risikominderung mit begrenzter Evidenz bei spärlicher Datenlage. Wurde der Alkoholkonsum verringert oder beendet, so wirkte sich dies in einigen Studien moderat auf das Brustkrebsrisiko aus. Die Effekte auf das Risiko für Pharynxkarzinome und hepatozelluläre Karzinome sind bisher wenig untersucht. Die Autoren weisen auf eine lückenhafte Studienlage hin.

Quelle: Gapstur SM et al. N Engl J Med 2023; 389: 2486-2494; DOI: 10.1056/NEJMsr2306723