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Chronisch-entzündliche Darmerkrankung Empfehlungen bei CED reichen von Ernährung bis Verhütungsmethode

Autor: Annette Kanis

Das Konsenspapier soll Ärzten und Patienten eine Hilfestellung sein, um das Management von CED-Erkrankungen zu optimieren. Das Konsenspapier soll Ärzten und Patienten eine Hilfestellung sein, um das Management von CED-Erkrankungen zu optimieren. © sdecoret – stock.adobe.com
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Lebensstil und Verhalten können den Verlauf einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa deutlich beeinflussen. Ein neues internationales Konsenspapier listet auf, worauf Ärzte und Betroffene achten sollten.

Wie eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung verläuft, hängt zumindest ein Stück weit auch vom Verhalten des Patienten ab. Eine internationale Arbeitsgruppe einigte sich jetzt auf Initiative der IOIBD* auf eine Reihe von Empfehlungen. Das Konsenspapier soll Ärzten und Patienten eine Hilfestellung sein, um das Management von CED-Erkrankungen zu optimieren.

Dazu bewerteten Experten in einem mehrstufigen Prozess verschiedene Statements, zu denen klinische Evidenz in unterschiedlicher Stärke vorliegt, auf ihre Bedeutung für die Praxis. Eindeutige Empfehlungen wurden für die folgenden Bereiche formuliert:

1. Rauchen

Nikotin ist schlecht für die Darmgesundheit. So besteht für Raucher ein doppelt so hohes Risiko, an Morbus Crohn zu erkranken, als für Nichtraucher. Und auch bei bereits bestehender Erkrankung sorgt Zigarettenkonsum für häufigere Krankheitsschübe und andere Komplikationen, etwa eine frühere Darmresektion. Der Effekt bei Colitis ulcerosa ist weniger gut belegt, die Experten sprechen sich jedoch auch hier für eine möglichst rasche Entwöhnung aus.

2. Ernährung

Förderlich ist generell eine gesunde, ausgewogene Ernährung: wenig gesättigte, tierische Fette, wenig rotes und verarbeitetes Fleisch; viel Obst und Gemüse; speziell bei CED auch die Reduktion von künstlichen Süßstoffen, Emulgatoren und nicht pasteurisierten Milchprodukten. Viele Patienten verfolgen jedoch Eliminationsdiäten und meiden eine Reihe von Speisen. Ärzte und Betroffene sollten in diesem Fall regelmäßig einen Nährstoffmangel ausschließen. Im Fokus sollten dabei Eisen, Vitamin B12, Vitamin D, Zink und andere Mikronährstoffe liegen. Auch Malabsorption oder Medikamente wie Kortikosteroide können zu einer Mangelversorgung beitragen.

Wer eine spezielle Diät einhält, sollte sich an den jeweils aktuellsten evidenzbasierten Empfehlungen orientieren. Bei Morbus Crohn etwa scheint sich die mediterrane Ernährung günstig auszuwirken. Sie birgt zudem ein geringes Risiko für Mangelzustände.

3. Körpergewicht und Muskelmasse

Übergewicht und Adipositas sind bei CED-Patienten weit verbreitet. Das begünstigt Entzündungsprozesse, kann die medikamentöse Behandlung erschweren und scheint auch die Erfolgschancen von Operationen negativ zu beeinflussen. Ein normales Körpergewicht ist daher von großer Bedeutung. Zudem weisen die Experten darauf hin, dass CED-Patienten ein erhöhtes Risiko für Sarkopenie aufweisen und daher regelmäßig auf Muskelschwund hin untersucht werden sollten.

4. Sport

Regelmäßige körperliche Aktivität kann CED-Erkrankten helfen: Sie erhöht die Lebensqualität und senkt zum Beispiel das Risiko von Krankheitsschüben bei Morbus Crohn. Auch wenn viele Patienten berichten, dass sie sich von ihrer Krankheit bei sportlichen Betätigungen einschränkt fühlen und diese daher reduzieren oder einstellen, sollten Ärzte die Betroffenen zum Gegenteil ermutigen.

5. Verhütung

CED betreffen häufig Frauen im gebärfähigen Alter. Bei der Schwangerschaftsverhütung gilt es, eine weitere Erhöhung des Risikos für venöse Thromboembolien zu beachten: Statt hoch dosierter Östrogenpräparate können in Absprache mit den Patientinnen reine Gestagen-Kontrazeptiva oder eine nicht-hormonelle Verhütungsmethode besser geeignet sein.

6. Psychische Gesundheit

Neben den rein körperlichen Aspekten der Erkrankung sollte auch die psychische Gesundheit Aufmerksamkeit erhalten. Stress und psychische Erkrankungen können auf den Darm schlagen und Entzündungsprozesse verstärken. Umgekehrt stellt eine aktive CED eine psychische Belastung dar. Die Experten empfehlen ein regelmäßiges Screening auf psychiatrische Symptome wie Depression und Angstzustände. Psychosoziale Stressoren  gilt es zu erkennen und zu modifizieren.

7. NSAR

CED-Patienten sollen nicht regelmäßig nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) nehmen. An Stelle von entzündungshemmenden Medikamenten wie Ibuprofen, Naproxen und Indometacin, die am besten nur gelegentlich und in niedrigen Dosen eingesetzt werden, empfehlen die Experten COX-2-selektive Hemmer.

Um Kinder vor CED zu schützen, sollten sie keinem passiven Tabakkonsum ausgesetzt werden. Stillen scheint einen protektiven Effekt zu haben (mindestens drei, besser 12 Monate lang). Antibiotika sollten Babys und Kleinkinder nur in dringenden Fällen erhalten.

Keine einheitliche Empfehlung gab die Arbeitsgruppe zum Konsum von E-Zigaretten, Cannabis und Alkohol. Hierzu lägen entweder keine ausreichenden oder widersprüchliche Daten speziell im Hinblick auf CED vor, schreiben die Autoren des Papiers um Prof. Dr. ­Ashwin ­Ananthakrishnan von der Harvard Medical School. Aus allgemeiner ärztlicher Sicht sei aber natürlich auch bei diesen Genuss- bzw. Rauschmitteln ein Verzicht oder allenfalls ein sehr zurückhaltender Konsum ratsam.

*   International Organization for the Study of Inflammatory Bowel Diseases

Quelle: Ananthakrishnan AN et al. Lancet Gastroenterol Hepatol 2022;
DOI: 10.1016/S2468-1253(22)00021-8