
Melanom-Screening Familiäres Melanomrisiko: Warum manche Gruppen doch überwacht werden sollten

Wichtig für die Vorsorge beim Hautkrebs ist neben dem Alter auch das individuelle Hautkrebsrisiko in Bezug auf die persönliche und/oder familiäre Vorgeschichte. Dr. Marnix Jansen vom Department of Surgical Oncology der Universität Groningen und sein Team haben basierend auf dem niederländischen Hautkrebsvorsorgeprogramm versucht, den Zusammenhang zwischen familiärer Belastung und dem Risiko der Hautkrebsentstehung in der niederländischen Bevölkerung genauer darzustellen, denn 12 % aller Melanome treten in familiären Clustern auf.
Dazu wurden die Daten des Groninger Melanom-Überwachungsprogramms für den Zeitraum 1995 bis 2017 retrospektiv ausgewertet. Die 224 am Screening teilnehmenden Personen ordnete man nach den Risikokriterien der niederländischen Leitlinien verschiedenen Gruppen zu (siehe Kasten). Ein wichtiger Punkt dabei war die Häufung innerhalb der Familie, bei 40 % der so genannten Melanomfamilien ausgelöst durch Genmutationen, die das Lebenszeitrisiko für ein Melanom auf bis zu 70 % erhöht.
Die Risikogruppen
- Gruppe 1: nachgewiesene Mutation(en) in einem der derzeit bekannten melanomassoziierten Gene
- Gruppe 2: Melanompatient oder -patientin mit drei weiteren Melanomfällen in der Familie (mindestens zwei Verwandte ersten Grades) oder mit zwei weiteren Melanomfällen (beides Verwandte ersten Grades, von denen einer mindestens zwei Melanome hat/hatte)
- Gruppe 3: Verwandte ersten Grades von Personen der Gruppe 2
- Gruppe 4: Melanomkranke aus „möglichen“ Melanomfamilien, d.h. Menschen mit mindestens drei Melanomen, zwei erstgradig verwandte Melanomkranke (eine/r bei Diagnose jünger als 40 Jahre) oder zwei erstgradig verwandte Melanomkranke und ein zusätzlicher Fall von Pankreaskrebs in der Familie
- Gruppe 5: erstgradige Verwandte der Gruppe 4
- Gruppe 0 wurde aus verschiedenen anderen Gründen untersucht, darunter Vorhandensein mehrerer klinisch atypischer Naevi (und Verwandte ersten Grades mit Melanom) oder persönliche Melanomhistorie
Über eine Nachbeobachtungszeit von 5,6 Jahren wurden 61 Melanome bei 38 Personen diagnostiziert. Damit war die standardisierte Inzidenz, definiert als Verhältnis von Melanomen in den Risikogruppen zu den zu erwartenden Melanomen in der altersgematchten Allgemeinbevölkerung, mit 73 deutlich erhöht.
Vor allem fiel auf, dass in der Gruppe 4 – die zukünftig aus der niederländischen Risikostratifizierung herausfallen soll – Melanome ähnlich häufig auftraten wie in Risikogruppe 2 (standardisierte Inzidenzverhältnisse 105 und 118).
Dr. Jansen und sein Team empfehlen aufgrund dieser Daten, die Melanompatientinnen und -patienten, die der Gruppe der möglichen Melanomfamilien angehören, nicht von der Überwachung auszuschließen. Die Gruppe 5 scheint basierend auf den vorliegenden Daten als gesonderte Risikogruppe dagegen tatsächlich entbehrlich zu sein, schreiben die Forschenden. Bei dieser ließ sich kaum ein Unterschied zur Allgemeinbevölkerung feststellen.
Insgesamt empfehle sich eine gründliche Familienanamnese im Hinblick auf Melanome, die bei Verwandten der Patientinnen und Patienten aufgetreten sind. Darüber hinaus schlägt die Autorengruppe längere Nachbeobachtungszeiten vor sowie bei der Erhebung der Eigenanamnese, die Frage nach übermäßiger UV-Bestrahlung.
Quelle: Jansen MR et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2025; doi: 10.1111/jdv.20601