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Einflüsse der Ernährung  Fasten schmeckt dem Tumor gar nicht

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Eine ketogene Diät mit hohem Fett- und niedrigem Kohlenhydrat-Anteil bekommt Tumorzellen ebenfalls nicht gut. Eine ketogene Diät mit hohem Fett- und niedrigem Kohlenhydrat-Anteil bekommt Tumorzellen ebenfalls nicht gut. © Daniel Vincek - stock.adobe.com
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Bestimmte Ernährungsformen beeinflussen nicht nur das Wachstum eines Tumors, sondern auch das Ansprechen auf eine Immuntherapie. Wie genau das funktioniert, ist Gegenstand verschiedener Untersuchungen.

Unreguliertes Zellwachstum ist ein Kernmerkmal von Tumor­zellen. Erreicht wird das durch eine Umprogrammierung des Zellstoffwechsels mit Hochregulation anaboler Prozesse, schreiben Dr. Anna-Sophia Leven und Kollegen von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum Essen. 

Primäre Energiequelle der Zellen ist Glukose. Über die Glykolyse entsteht daraus Pyruvat, das Tumorzellen vor allem zu Laktat metabolisieren. Die vermehrte Laktatbildung gilt als Merkmal eines umprogrammierten Zellstoffwechsels. Laktat ist dabei nicht nur ein Nebenprodukt der Glykolyse, sondern wird von den Tumorzellen auch als Energiequelle genutzt. Als weitere Nährstoffe spielen für anabole Prozesse Fruktose und Aminosäuren wie Glutamin, dessen Metaboliten z.B. der Fettsäuresynthese dienen, eine Rolle. Verzweigtkettige Aminosäuren wie Leucin können Tumorzellen direkt aufnehmen und in neu gebildete Proteine einbauen oder oxidieren. In schnell proliferierendem Gewebe ist auch die Fettsäureoxidation im Zitratzyklus zur Energiegewinnung hochreguliert.

Eine Kalorienreduktion verminderte in murinen Tumormodellen die Entstehung, das Fortschreiten und die Metastasierung von Tumoren. Auch klinisch senkte eine Kalorienreduktion beim Mamma- und Kolonkarzinom das Risiko für Progression und Metastasierung. Diese Effekte lassen sich durch verschiedene Mechanismen erklären. Dazu zählen die Senkung des Insu­linspiegels mit Downregulation bestimmter Signalwege im Tumor, die Abnahme zirkulierender ungesättigter Fettsäuren und die Modifikation des Immunprofils mit Zunahme von CD8+- und CD4+-T-Zellen. 

Gewichtsverlust verbesserte Überleben bei Brustkrebs

Wenige Daten liegen bisher zum Einfluss einer Kalorienrestriktion auf die Tumortherapie vor. Postmenopausale Frauen mit Mammakarzinom jedenfalls profitierten in einer Phase-3-Studie mit einem verbesserten krankheitsfreien Überleben von einem geringen Gewichtsverlust (4 %) und körperlicher Aktivität

Intermittierendes Fasten reduzierte auf molekularer Ebene die Stoffwechsel- und Entzündungsaktivität in Monozyten und verminderte Tumorgenese und -wachstum im Mausmodell. 

Ebenfalls bei Mäusen begünstigen Fastenzyklen die Wirksamkeit von verschiedenen Tumortherapien in Korrelation mit einer Abnahme von Insulin-, Leptin- und IGF1-Spiegeln. 

Auch im Menschen stärken Fastenzyklen die zytotoxische Aktivität im Tumor. Eine klinische Studie bei Patientinnen mit Ovarial- oder Mammakarzinom, die eine Chemotherapie erhielten, zeigte, dass beim Fasten tumorprotektive Hormone sowie Therapienebenwirkungen abnehmen. 

Eine ketogene Diät mit hohem Fett- und niedrigem Kohlenhydrat-anteil bekommt Tumorzellen ebenfalls nicht gut. Denn diese benötigen mehr Glukose als gesunde Zellen und können sich schlecht auf den Ketonstoffwechsel umstellen. Im Melanom-Mausmodell hat eine ketogene Diät das T-Zell-vermittelte Tumorwachstum verzögert. Bei Mäusen, bei denen eine Immuntherapie ohne Wirkung blieb, konnte das Ansprechen durch eine ketogene Diät bzw. Substitution des Ketonkörpers 3-Hydroxybutyrat wiederhergestellt werden. 

Der Nutzen einer fettarmen Diät wurde bei Tumorpatienten bereits umfangreich untersucht. In zwei randomisierten Studien, der Women’s Intervention Nutrition Study und der Women’s Healthy Eating and Living Study erhielten Frauen mit frühem, vorbehandeltem Mammakarzinom fettarme Kost. Es zeigte sich eine Abnahme entfernt auftretender Rezidive bei Frauen, die nicht unter Hitzewallungen litten. Das könnte auf eine Senkung der Estradiolkonzentration durch die fettarme Diät zurückzuführen sein, so die Autoren.

Es gibt auch Hinweise darauf, dass eine ballaststoffreiche Ernährung das Risiko für maligne Melanome verringert. Untersucht wird derzeit u.a. die Auswirkung dieser Ernährungsform auf das Immunprofil und das Darmmikrobiom von Melanompatienten unter Immuntherapie. 

Noch keine allgemeingültigen Empfehlungen möglich

Die Beschränkung der Proteinzufuhr soll Entzündungsprozesse verringern und die antitumorale Kontrolle des Immunsystems verbessern. Derzeit läuft die Rekrutierung für eine Studie, in der eine Protein­restriktion bei Patienten mit Pankreaskarzinom evaluiert wird. 

Insgesamt existiert nur eine sehr begrenzte Datenlage zur Auswirkung bestimmter Diätformen auf Tumormetabolismus und Tumortherapien. Der Einfluss der Ernährung auf das Tumorgeschehen ist hochkomplex und sehr individuell, sodass den Autoren zufolge bisher keine allgemeingültigen Empfehlungen gegeben werden können.   

Quelle: Leven AS et al. Akt Dermatol 2023; 49: 556-564; DOI: 10.1055/a-2189-5714