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Bewegungsrezept für Herzinsuffiziente Für ein individualisiertes Training müssen zahlreiche Faktoren berücksichtigt werden

ESC 2023 Autor: Dr. Angelika Bischoff

Beim kardialen Belastungstest sollte man sich bevorzugt an aerober und anarober Schwelle orientieren. Beim kardialen Belastungstest sollte man sich bevorzugt an aerober und anarober Schwelle orientieren. © vm/gettyimages
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Körperliches Training bessert die Belastungskapazität und die Lebensqualität von herzinsuffizienten Patienten. Die Leitlinie empfiehlt es für alle Betroffenen, die dazu in der Lage sind. Ein One-size-fits-all-Ansatz greift dabei allerdings zu kurz.

Nicht nur Herzinsuffizienzpatienten mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF), sondern auch diejenigen mit erhaltener (HFpEF) profitieren von körperlicher Aktivität. Bei HFpEF ist das Training besonders wichtig, weil es bis vor Kurzem gar keine pharmakologischen Therapieoptionen gab, wie Prof. Dr. ­Emeline ­Van ­Craenenbroeck­ von der Universitätsklinik Antwerpen ausführte. Durch die Betätigung können viele ihre funktionelle Unabhängigkeit zurückgewinnen.

Hochintensives Training ist bei Gesunden besonders effektiv

Als Therapieziel verfolgt man gemeinhin einen Anstieg der Spitzen-Sauerstoffaufnahme (VO2 peak). Bei unselektierten Personen mit Herzinsuffizienz hat sich gezeigt, dass eine geringere Verbesserung der Peak-VO2 mit einem schlechteren Outcome assoziiert ist. Um die Sauerstoffaufnahme zu erhöhen, erweist sich bei gesunden Erwachsenen ein hochintensives Intervalltraining (HIIT) als besonders effektiv. Zudem führt es Studien zufolge im Vergleich zum moderaten Ausdauer­training zu einer stärkeren mitochondrialen Adaptation und zu höherer Kapillardichte­.

Herzinsuffiziente hingegen scheinen von beiden Trainingsformen gleichermaßen zu profitieren, was die Peak-VO2 angeht. Darauf weisen zahlreiche klinische Studien mit HFrEF-Patienten hin. Die Datenlage bei HFpEF ist weniger umfangreich. So bleibt das moderate kontinuierliche Training die Methode der Wahl, betonte Prof. ­Van ­Craenenbroeck. Das Konzept „je mehr, desto besser“ greife in Bezug auf die Intensität nicht, was auch an der fehlenden Personalisierung des Trainings in den Studien liegen könnte.

Durch ein stärker individualisiertes Programm könnte man wahrscheinlich mehr erreichen als durch eine „One-size-fits-all“-Strategie. Dafür muss mittels körperlicher Untersuchung, Echokardiografie und kardialen Belastungstests herausgefunden werden, welche Faktoren beim Einzelnen die Symptome bestimmen. Auch individuelle Präferenzen und Fähigkeiten gilt es zu beachten, um die Adhärenz zu unterstützen.

Betablocker-Therapie kann Interpretation erschweren

Prof. Dr. ­Flavio ­D’Ascenzi von der Universität Siena plädierte dafür, Patienten konkrete Anweisungen zur Art und Dosis des Trainings an die Hand zu geben. Das „Bewegungsrezept“ muss verschiedene Einflussfaktoren berücksichtigen wie die Belas­tungstoleranz, Symptome oder Arrhythmien, die hämodynamische Response und – ganz wichtig – die Bewegungs­anamnese. Ein früherer Leistungssportler wird leichter zu Aktivität zu motivieren sein als ein Mensch, der nur den sitzenden Lebensstil kennt.

Mithilfe kardialer Belastungstests lassen sich individuelle Trainingsintensitäten festlegen und der Erfolg überwachen. Häufig kommen Indizes wie Peak-VO2 oder maximale Herzfrequenz zum Einsatz. Diese können bei kardiovaskulären Patienten, die Betablocker nehmen, ein falsches Bild ergeben und dazu führen, dass man eine Aktivität mit zu hoher Intensität verschreibt, warnte Prof. D’Ascenzi. Einem Positionspapier der European Association of Preventive Cardiology zufolge sollte man sich deshalb bevorzugt nach den ventilatorischen Schwellen (VT1 und VT2) richten. Ändert sich das Fitnesslevel des Patienten, sollten diese Parameter reevaluiert werden, um die Trainingsdosis ggf. anzupassen.

Quelle: ESC* Congress 2023

*    European Society of Cardiology