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Bäume Grüne Klimaanlagen für die Städte

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Wenn mindestens 30 % der urbanen Fläche mit Bäumen bepflanzt würden, rechnen die Wissenschaftler vor, könnte das die Städte im Sommer um durchschnittlich 0,4 °C abkühlen. Wenn mindestens 30 % der urbanen Fläche mit Bäumen bepflanzt würden, rechnen die Wissenschaftler vor, könnte das die Städte im Sommer um durchschnittlich 0,4 °C abkühlen. © AVTG – stock.adobe.com
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Eine hohe Bevölkerungsdichte und wenig Grünflächen lassen in vielen Großstädten „urbane Hitzeinseln“ entstehen. Forscher rechneten nun vor, wie viele Hitzetote auf das Konto falscher Stadtplanung gehen – und wie mehr Bäume helfen könnten.

Die globale Erwärmung bedroht die Gesundheit von Menschen weltweit. Dabei bekommen Großstadtbewohner extreme Temperaturen oft stärker zu spüren als die ländliche Bevölkerung: Wo viele Menschen auf engem Raum leben, asphaltierte Flächen die Sonneneinstrahlung absorbieren und sich ein Gebäude ans nächste reiht, wird es im Sommer besonders heiß. Dieses Phänomen wird als „urbaner Hitze­insel­effekt“ bezeichnet. Ein Team um die Gesundheitswissenschaftlerin ­Tamara ­Iungman vom Institut für globale Gesundheit in Barcelona hat untersucht, wie dieses Phänomen die Gesundheit der Bewohner bedroht und welche Maßnahmen dagegen helfen würden.

Die Autoren untersuchten die Auswirkungen des Hitze­insel­effekts auf die Gesamtmortalität in 93 europäischen Städten im Zeitraum vom 1. Juni bis zum 31. August 2015. Eingeschlossen waren Erwachsene im Alter von 20 Jahren oder älter. Die Bevölkerungsdichte betrug zwischen 4.274 Einwohnern pro Quadratkilometer (Murcia, Spa­nien) bis 21.462 in Paris. Stadtbäume nahmen zwischen 2,1 % und 34,6 % (Durchschnitt: 14,9 %) der urbanen Gesamtfläche ein.

Die mittleren Temperaturen in diesem Sommer reichten von 14,2 °C in Glasgow bis 29,7 °C in Sevilla. Die höchste durchschnittliche Maximaltemperatur erreichte ebenfalls Sevilla mit 36,8 °C, die niedrigste wurde in Tallinn mit 22,7 °C gemessen.

Der Auswertung zufolge trug der Hitzeinseleffekt in den Städten zu einem durchschnittlichen Temperaturanstieg von 0,5–3 °C bei; nachts war der Effekt stärker ausgeprägt als tagsüber. Damit gingen schätzungsweise 6.700 vorzeitige Todesfälle auf das Konto der urbanen Hitze, schreiben die Autoren – rund 4,3 % der Gesamtmortalität im untersuchten Zeitraum. Am stärksten waren Bewohner von Städten im Süden und Osten Europas von dem Effekt betroffen, am geringsten die in nordeuropäischen Städten, solchen im Vereinigten Königreich und Nordfrankreich. Deutschland lag im Mittelfeld.

Das Ziel: Bäume auf einem Drittel der Stadtfläche 

Wenn mindestens 30 % der urbanen Fläche mit Bäumen bepflanzt würden, rechnen die Wissenschaftler vor, könnte das die Städte im Sommer um durchschnittlich 0,4 °C abkühlen. Dadurch würden schätzungsweise 2.644 vorzeitige Todesfälle verhindert werden, also die durch urbane Hitzeinseln bedingte Mortalität um 39,5 % sinken.

Mehr Stadtbäume brächten demnach einen erheblichen Nutzen für die öffentliche Gesundheit, schlussfolgern die Autoren. Dabei gibt es bestimmte Städte und Viertel, die besonders profitieren würden. Denn die am dichtesten besiedelten Wohngegenden und solche, in denen viele Menschen mit niedrigem sozio­ökonomischen Status leben, weisen häufig auch einen besonders geringen Baumbestand auf. Bei vorhandener starker Bebauung könne auch das Ziel von 25 % Baumbestand schon lohnenswert sein, schreibt das Team um Iungman.

Die Berechnungen in der Studie beziehen sich speziell auf das Jahr 2015. Seither sind die Sommer aber im Schnitt noch wärmer geworden, weshalb von einem größeren Effekt der Hitzeinseln auf die Mortalität ausgegangen werden muss.

Quelle: Iungman T et al. The Lancet 2023; DOI: 10.1016/S0140-6736(22)02585-5