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Interstitielle Lungenerkrankung ILD aus der Ferne steuern

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Viele Pulsoxymeter für die häusliche Messung speisen Daten direkt in eine Handy-App ein. Viele Pulsoxymeter für die häusliche Messung speisen Daten direkt in eine Handy-App ein. © Science Photo Library/ MICROGEN IMAGES
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Mithilfe von Home-Monitoring lässt sich bei interstitieller Lungenerkrankung eine Progression schnell und unkompliziert detektieren. Dies gibt dem Arzt auch auf Distanz die Möglichkeit, zeitnah zu reagieren und nötige Therapie­anpassungen in die Wege zu leiten. 

Patienten mit interstitieller Lungenerkrankung (ILD) bilden eine vulnerable und heterogene Gruppe. Die Betreuung in spezialisierten Zentren ist mit einer verbesserten Überlebensrate, einem leichteren Zugang zu Medikamenten und größeren Chancen auf eine Lungentransplantation verbunden. Der Erreichbarkeit zu diesen Zentren kann jedoch je nach Wohnort und Alter der Betroffenen schwierig bis unmöglich sein. Insbesondere für gebrechliche Patienten sind Spezialisten oft unerreichbar, berichtete Dr. ­Marlies ­Wijsenbeek vom Erasmus Medical Centre der Universität Rotterdam.

Home-Monitoring hat das Potenzial, den Zugang zur fachärztlichen Versorgung zu erleichtern, die Belastung des Gesundheitssystems zu verringern und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Mittlerweile steht eine ganze Reihe verschiedener Devices und Technologien zur Verfügung, die bereits Einzug in die Praxis gehalten haben oder auf dem besten Weg dorthin sind.

Spirometrie

Seit im Jahr 2016 die erste Studie zum Thema veröffentlicht wurde, hat die Heimspirometrie bei der ILD zunehmend an Bedeutung gewonnen. Mithilfe tragbarer Geräte können Patienten Parameter wie FEV1 und FVC selbst ermitteln. Bei der Auswahl des Geräts sollte man darauf achten, dass dieses in der Lage ist, sowohl Ein- als auch Ausatmung zu messen. Idealerweise bewertet es auch nach jeder Messung deren Qualität und gibt dem Nutzer entsprechend Rückmeldung. Vorteilhaft ist darüber hinaus, wenn das Gerät nicht täglich kalibriert werden muss. 

Während ältere Spirometer die Daten nur auf dem Gerät selbst speichern, sind moderne Devices häufig mit einer Online-Anwendung (z.B. über Bluetooth) verbunden. Dadurch ermöglichen sie einen Datenaustausch mit Gesundheitsdienstleistern in Echtzeit. Dies erleichtert es, Fehler in der Handhabung zu korrigieren, und ermöglicht ein schnelles Eingreifen bei Veränderungen der Lungenfunktion. Mittlerweile gibt es einige Online-Anwendungen mit integrierter Heimspirometrie, die speziell für ILD-Patienten entwickelt wurden.

Damit die Heimspirometrie in größerem Umfang eingesetzt werden kann, müssen die technischen Anforderungen und Analysemethoden noch standardisiert und validiert werden. Zudem gilt es, den optimalen Zeitpunkt für häusliche Spirometriemessungen genauer zu untersuchen, da Testfrequenz und tageszeitliche Schwankungen die Ergebnisse beeinflussen könnten.

Pulsoxymetrie

Herkömmliche tragbare Pulsoxymeter messen die Sauerstoffsättigung anhand der Transmission und Absorption von Licht unterschiedlicher Wellenlänge. Sie sind kostengünstig und einfach zu bedienen. Darüber hinaus gibt es mittlerweile tragbare Sensoren und mobile Anwendungen, die auf Photoplethysmografie basieren. Neuere Geräte ermöglichen eine kontinuierliche ambulante Überwachung des Sauerstoffgehalts. Insbesondere wenn zugleich die körperliche Aktivität gemessen wird, lassen sich bei ILD-Patienten weitere Informationen zur Sauerstoffversorgung gewinnen, anhand derer die Therapie optimiert werden kann. 

Wie genau die Messungen der einzelnen Geräte sind, ist jedoch bislang noch nicht vollständig geklärt. Messfehler können ebenso wie andere Faktoren (z. B. geringe Perfusion, Bewegungsartefakte, Hautpigmentierung, Nagellack) das Ergebnis verfälschen. 

Aktivitätstracker

Mit verschiedenen tragbaren Geräten und Smartphone-Anwendungen lässt sich die körperliche Aktivität anhand von Schrittzahl, Intensität und Ener­gieverbrauch objektiv bewerten. Die meisten Geräte zeichnen noch weitere Variablen auf, beispielsweise die Zeit, die stehend, sitzend oder schlafend verbracht wird.

Welche Messgrößen bei der Beurteilung von ILD-Patienten den größten klinischen Nutzen bringen, ist nach wie vor unklar. Auch die Zuverlässigkeit der verschiedenen Geräte wurde bei dieser Patientengruppe noch nicht validiert. Allerdings finden sich Hinweise darauf, dass die tägliche Schrittzahl für die Erkennung einer Progression deutlich hilfreicher sein könnte als die Lungenfunktion.

Hustenmonitore

Die objektive Bewertung der Hus­tenfrequenz mithilfe von Rekordern wird derzeit bei interstitiellen Lungenerkrankungen überwiegend zu Forschungszwecken eingesetzt. Obwohl diese Methode bislang in der klinischen Praxis keinen festen Platz hat, gilt sie im Vergleich zur subjektiven Einschätzung der Patienten oder Beurteilung seitens des Arztes als zuverlässiger.

Die am häufigsten verwendeten Geräte zeichnen Hustengeräusche mithilfe eines Mikrofons auf – und das bis zu 24 Stunden lang. Das größte Problem bei diesen Systemen ist jedoch, dass sie auch Hintergrundgeräusche, inklusive private Gespräche, mitschneiden. Darüber hinaus messen sie zwar die Hustenfrequenz, liefern aber in der Regel keine Bewertung der Hustenintensität.

Großes Potenzial birgt eine Echtzeitüberwachung und -analyse der Hustengeräusche mithilfe von Machine Learning bzw. entsprechenden Algorithmen. In den letzten Jahren wurden dazu ganz neuartige Systeme und Smartphone-Anwendungen entwickelt, deren Validierung bei Patienten mit ILD allerdings noch aussteht.

Quelle: Wijsenbeek MS et al. Lancet Respir Med 2022; DOI: 10.1016/S2213-2600(22)00228-4