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STIKO-Empfehlungen Impfstatus unklar, doch Impfwille groß

Autor: Dr. Judith Lorenz

Laut Experten stellen zusätzliche Impfungen kein Risiko dar. Laut Experten stellen zusätzliche Impfungen kein Risiko dar. © iStock/Inside Creative House
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Schon vor dem eigentlichen Piks kann es bei Schutzimpfungen problematisch werden. Was Ärzte in Bezug auf Aufklärung, fehlende Nachweise oder zu lange Impfabstände beachten müssen, hat die STIKO zusammengefasst.

Vor jeder Schutzimpfung steht die Aufklärung des Impflings bzw. der Sorgeberechtigten an, welche die STIKO ausführt: Dabei informiert der Arzt über die zu verhütende Krankheit und deren Behandlungsmöglichkeiten, den Nutzen, die Kontraindikationen und die Durchführung der Immunisierung. Außerdem müssen mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Impfkomplikationen, Beginn und Dauer des Schutzes, das Verhalten nach der Vakzinierung sowie die Notwendigkeit und die Termine von Folge- und Auffrischimpfungen angesprochen werden.

Aufklärungsbögen in mehreren Sprachen

Diese Aufklärung hat stets mündlich zu erfolgen, wobei entsprechende Merkblätter oftmals hilfreich sind. Diese gibt es nach Registrierung für Ärzte unentgeltlich über das Internet unter www.forum-impfen.de, andere Anbieter wie das Grüne Kreuz halten auch kostenpflichtige Merkblätter bereit. Bei Sprachbarrieren helfen übersetzte Aufklärungsbögen mit Einverständniserklärungen, die das RKI in 20 verschiedenen Sprachen kostenfrei auf seiner Homepage www.rki.de bereit hält. Auch das Hinzuziehen eines Dolmetschers ist zu prüfen. Ganz wichtig: Nach dem Aufklärungsgespräch müssen Einwilligung oder Ablehnung unbedingt in der Patientenakte dokumentiert werden.

Entfallen darf die Impfaufklärung nur ausnahmsweise, sofern besondere Umstände vorliegen, betont die STIKO: Beispielsweise bei Unaufschiebbarkeit der Maßnahme oder wenn der Impfling ausdrücklich auf die Aufklärung verzichtet. Ein solcher Ausnahmefall muss allerdings sehr genau dokumentiert werden.

Bei Minderjährigen ist für eine Impfung die Einwilligung der Eltern bzw. Sorgeberechtigten nötig. Jugendliche können selbst einwilligen, allerdings nur, wenn sie die erforderliche Einsichts- und Entscheidungsfähigkeit besitzen. Davon geht man ab einem Alter von 16 Jahren aus. Im Zweifel muss der Arzt prüfen, ob der Jugendliche „nach seiner geistigen und sittlichen Reife die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs und seiner Gestattung zu ermessen vermag“.

Jede Schutzimpfung muss unverzüglich und auf gleiche Weise dokumentiert werden. Ist kein Impfausweis vorhanden, stellt der Arzt eine Impfbescheinigung aus. Die notwendigen Angaben umfassen dabei:

  • Datum der Impfung
  • Bezeichnung und Chargen­nummer des Impfstoffes
  • Name der Krankheit, gegen die geimpft wurde
  • Name und Geburtsname der geimpften Person
  • Name und die Anschrift der für die Durchführung der Schutzimpfung verantwortlichen Person

Was tun, wenn Impfdokumente fehlen, nicht auffindbar oder lückenhaft sind? Dies ist kein Grund, nicht zu impfen, sagt die STIKO. Dies gilt sowohl für Erstimpfungen als auch für Auffrischungen. Denn von zusätzlich verabreichten Impfungen bei bereits bestehendem Impfschutz geht in der Regel kein besonderes Risiko aus. Das gilt auch für Mehrfachimpfungen mit Lebendimpfstoffen, so die STIKO. Serologische Kontrollen sind deshalb nur selten erforderlich. Ein Beispiel ist der Nachweis von Anti-HBs bei Personen mit Risiko für Hepatitisinfektion.

Migranten impfen – darauf kommt es an

Entsprechend den STIKO-Empfehlungen sollen auch Migranten und Asylsuchende altersgerecht geimpft sein. Liegen Impfdokumente vor, sind diese zu berücksichtigen. Oft lässt sich aber der Status aufgrund fehlender Informationen nicht überprüfen. Aus pragmatischen Gründen sollten nicht dokumentierte Impfungen als nicht durchgeführt angesehen und entsprechend nachgeholt werden – es sei denn, es gibt glaubhafte mündliche Aussagen dazu.

Unterbrochene Impfserie nicht neu beginnen

Doch nicht nur fehlende Impfdokumente, auch die erforderlichen Impfabstände machen Ärzten manchmal Kopfzerbrechen. Prinzipiell sollen natürlich die im Impfkalender sowie den entsprechenden Fachinformationen angegebenen Impfabstände eingehalten werden. In der Praxis begegnen einem jedoch häufig Fälle, bei denen die Grundimmunisierung unterbrochen oder Auffrischungen nicht zeitgerecht durchgeführt wurden. Hier muss nicht neu begonnen werden mit dem Impfschutz. Stattdessen wird dieser mit der fehlenden Dosis komplettiert, erklärt die STIKO. Abstände sind auch bei unterschiedlichen Impfstoffen wichtig. So können Lebendimpfstoffe zwar simultan verabreicht werden. Gibt man sie jedoch nacheinander, müssen dazwischen vier Wochen Pause eingehalten werden. Bei Totimpfstoffen ist die Sache einfacher: Hier sind keine Abstände nötig, weder zu Tot- noch zu Lebendimpfstoffen. In jedem Fall sind die entsprechenden Hinweise der jeweiligen Fachinformationen zu beachten.

Quelle: STIKO. Epid Bull 2022; 27: 3-66; DOI: 10.25646/9285