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Schlafmedizin KI braucht noch ärztliche Unterstützung

DGP-Kongress 2024 Autor: Friederike Klein

Künstliche Intelligenz kann in der Schlafmedizin unterstützen. Künstliche Intelligenz kann in der Schlafmedizin unterstützen. © Kresimir – stock.adobe.com
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Die Auswertung einer Polysomnografie erfordert neben Erfahrung auch viel Zeit. Mit der Künstlichen Intelligenz bestehen reelle Chancen, die Schlafprofile künftig automatisiert zu interpretieren. Ohne das Zutun von Ärzten scheint es aber noch nicht zu funktionieren.

Goldstandard für die Diagnose schlafbezogener Atmungsstörungen ist die Polysomnografie. Doch erfordert sie fachärztliche Expertise, was ein Grund dafür ist, dass Schlaflaborplätze rar sind. Die American Academy of Sleep Medicine hat bereits 2020 dafür plädiert, die Anwendungsmöglichkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Schlafmedizin zu erforschen. Hindernisse, die einer automatisierten Auswertung von Polysomnografien im Weg stehen, sind u.a. die große Bandbreite an Geräten sowie die Verarbeitung und Verschlüsselung durch verschiedene Softwareanbieter.

Die Quellen, mit denen eine KI-Lösung trainiert wird, müssen jedoch richtig ausgewählt und aggregiert werden. Und das erfordert medizinische Kenntnisse. „Wir sollten uns nicht etwas von Amazon, Google und anderen vorsetzen lassen“, mahnte deshalb Dr. Andreas Hoheisel von der pneumologischen Universitätsklinik Freiburg. Die KI-gestützte Polysomnografie solle nicht den Arzt ersetzen, aber die Effizienz des Schlaflabors steigern und die Patientenversorgung verbessern. Mit einer automatisierten Analyse ließe sich der bisherige Zeitaufwand auf ein Minimum reduzieren.

Für die Entwicklung und Dokumentation von KI-gestützten Systemen sind ein umfassendes Verständnis der verwendeten Geräte sowie Kenntnisse über moderne Datenanalysetechniken unerlässlich. Dr. Hoheisel arbeitet deshalb mit einem Basler Unternehmen zusammen, dass sich auf Machine Learning spezialisiert hat. In einer Pilotstudie prüften die Kooperationspartner, inwieweit eine herstellerübergreifende automatisierte Auswertung der Polysomnografien mithilfe von KI möglich ist. 

3.000 Stunden Mess- und Videodaten als Basis

Als Grundlage nutzten sie archivierte Daten von Patienten der Universitätsklinik Freiburg und des Universitätsspitals Basel. Da die verschiedenen Systeme uneinheitliche Informationen geliefert hatten, wurden für die Pilotstudie die Datensätze von 621 Patienten zunächst homogenisiert. Auf diese Weise standen mehr als 3.000 Stunden physiologischer hochauflösender Mess- und Videodaten für die Entwicklung einer KI-basierten Auswertung zur Verfügung. Angereichert waren sie u.a. mit den Kodierungen von Vorerkrankungen und früheren Befundberichten.

Die Forscher formulierten und prüften zwei Ansätze: Bei dem einen werden die Diagnosen erst nach einer ärztlichen Korrektur der KI-Ergebnisse gestellt. Beim anderen lernt das KI-System, ohne ärztliches Zutun die Wahrscheinlichkeit einer Diagnose vorherzusagen. Beide Versionen waren mithilfe von Validierungsdaten machbar. 

Klinische Beurteilung durch Ärzte sorgt für valide Daten

Dr. Hoheisel präferierte klar den ärztlich kontrollierten Ansatz. Denn die Korrektur anhand der klinischen Beurteilung führe zu valideren Ergebnissen. „Die KI kann alles ausrechnen, aber nicht bewerten“, meinte er. Der Nachteil dieses Vorgehens liegt allerdings im immensen Arbeitsaufwand, der erforderlich ist, bis die KI die komplexe Datenauswertung gelernt hat. „Dann wird das System aber immer schneller“, sagte Dr. Hoheisel. Die bereits geplante Folgestudie soll neben Archivdatensätzen auch prospektiv erhobene Daten einschließen.

Quelle: 64. Kongress der DGP (Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin)