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Marker erleichtert Produktion von Betazellen

Autor: Dr. Moyo Grebbin

Bessere Glukoseantwort: Die CD177-generierten betazellähnlichen Zellen sind eine reinere, funktionell ausgereiftere Population. Bessere Glukoseantwort: Die CD177-generierten betazellähnlichen Zellen sind eine reinere, funktionell ausgereiftere Population. © 7activestudio – stock.adobe.com
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Im Labor aus Stammzellen Betazellen zu erzeugen, war bisher aufwendig und ineffizient. Forschenden gelang es nun, die Methode zu optimieren. Das Endergebnis soll für viele klinische Anwendungen besser geeignet sein.

Humane pluripotente Stammzellen (iPSC) zu Zelltypen der Bauchspeicheldrüse zu differenzieren, bereitete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bisher Schwierigkeiten. Es fehlte eine Möglichkeit, in einem Zwischenschritt frühe Vorläuferzellen des Organs zu identifizieren und zu isolieren. Dies gelang nun einer Forschergruppe, gemeinsam mit einem Industrie-Partner, unter der Leitung von Professor Dr. Heiko Lickert vom Helmholtz Zentrum München, einem Partner des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).

„Aus der Entwicklungsbiologie wussten wir, dass die Vorläuferzellen der Bauchspeicheldrüse bereits im Endodermstadium, dem ersten Schritt der Differenzierung, spezialisiert sind. Wir mussten herausfinden, ob dies auch für die Differenzierung humaner pluripotenter Stammzellen zutrifft“, erklärte Prof. Lickert den Forschungsansatz.1 In seiner aktuellen Publikation beschreibt das Team einen Oberflächenmarker – CD177 – mit dessen Hilfe es möglich ist, frühe Vorläuferzellen des Pankreas zu isolieren.2

Mehr und reifere Betazellen dank CD177-Anreicherung

„Mit CD177 können wir bereits in einem frühen Stadium sehen, ob die Zellen auf dem richtigen Differenzierungsweg sind. Somit können wir uns viel Zeit, Mühe und Geld sparen“, kommentierte Prof. Lickert. Dadurch, dass die Wissenschafler die Kulturen mit CD177-exprimierenden Zellen anreichern, können die Forschenden nicht nur einen höheren Anteil, sondern auch qualitativ bessere Betazellen im Labor generieren. Verglichen mit bisherigen Methoden differenzieren die CD177-exprimierenden Zellen homogener in pankreatische Vorläuferzellen.

Komplexe Prozedur

Aus embryonalen (ES) und induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC) kann mithilfe bestimmter Transkriptions- und Wachstumsfaktoren praktisch jeder beliebige Zelltyp generiert werden. Bisherige Protokolle zur Erzeugung von Betazellen aus iPSCs sind aber komplex: Der Prozess benötigt knapp 20 verschiedene Signalmoleküle und dauert länger als vier Wochen. Trotzdem differenzieren nicht alle Zellen in die gewünschte Linie, sondern schlagen auch andere Differenzierungspfade ein. Das Endergebnis sind oft sehr heterogene Zellpopulationen, die nur wenige und nicht vollständig funktions­fähige betazellähnliche Zellen enthalten.

Die mit dem CD177-Protokoll erzeugten Betazellen sind außerdem auch funktionell ausgereifter: Ihre Glukoseantwort und ihre Insulinproduktion sind besser als bei herkömmlichen Methoden. Folglich dürfte die Technik dazu beitragen, präklinische Dia­betesmodelle zu verbessern. Das neue Protokoll macht es zudem möglich, aus iPSC funktionale menschliche Betazellen in der Kulturschale zu produzieren, an denen neue Wirkstoffe getestet werden können. Im Hinblick auf eine zukünftige Anwendung von Betazellersatztherapien bei Typ-1-Diabetes hat das neue Verfahren zudem noch einen weiteren Vorteil: Dadurch, dass die Kultur bei dem CD177-Sortier-Schritt von verbliebenen pluripotenten Stammzellen befreit wird, erhöht sich die klinische Sicherheit.

Quellen:
1. Pressemitteilung des DZD
2. Mahaddalka PU et al. Nat Biotechnol 2020; DOI: 10.1038/s41587-020-0492-5