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Prognose Maßgeschneidert gegen Lungenkrebs

Autor: Michael Brendler

Gegen ein Adenokarzinom dieser Größe in der Lunge lässt sich wohl kaum noch etwas ausrichten. Gegen ein Adenokarzinom dieser Größe in der Lunge lässt sich wohl kaum noch etwas ausrichten. © wikimedia/Yale Rosen
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Bei rund jedem dritten Kranken mit einem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom findet sich hierzulande eine Treibermutation. Diese potenzielle Achillesferse des Tumors lässt sich oftmals gezielt attackieren.

Zum Zeitpunkt der Diagnose befinden sich über 50 % der Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) in einem fortgeschrittenen Stadium (IV). Dann beträgt die Fünf-Jahres-Überlebensrate nur 4–7 %. Die European Society for Medical Oncology (ESMO) empfiehlt, bei diesen Patienten systematisch mit Next-Generation-Sequenziertechnologien nach Treibermutationen zu suchen. Mit einer personalisierten Therapie basierend auf den molekularen Charakteristika des Tumors lässt sich die Prognose verbessern.

In der klinischen Praxis wird aber zu selten nach allen relevanten Mutationen gesucht, berichten Dr. Anika Kästner vom Institut für Öffentliches Gesundheitswesen der Universität Greifswald und Kollegen. Wegen der zunehmenden Komplexität der verfügbaren Daten brauchen Ärzte Unterstützung. Deshalb wurde 2018 in Deutschland das national Network Genomic Medicine Lung Cancer, das nNGM, gegründet. Das Ziel des Programms ist es, auch NSCLC-Patienten jenseits der großen Zentren eine moderne personalisierte Therapie zu ermöglichen. Erreicht werden soll das unter anderem durch den Aufbau einer modernen Daten-Infrastruktur und die Bereitstellung von Diagnose- und Therapieleitlinien.

Allerdings wurde bislang noch nicht wissenschaftlich überprüft, ob solche Netzwerke dem Patienten einen Nutzen bringen, schreiben Dr. Kästner und ihre Mitautoren. Mithilfe von Real-World-Daten wollten sie dieses Versäumnis ausräumen. In ihrer Untersuchung verglichen sie die Überlebensraten von 509 vom nNGM betreuten Patienten mit denen von 7.213 dort nicht erfassten kranken AOK-Versicherten. Das Ergebnis: Die Patienten aus dem Netzwerk hatten eine signifikant bessere Überlebensrate. Das mittlere Gesamtüberleben betrug bei ihnen 10,5, das der übrigen Teilnehmenden 8,7 Monate. Die Werte für die Ein-Jahres-Überlebensrate lagen bei 46,8 vs. 41,3 %. Die Forscher stellten zudem fest, dass die nNGM-Patienten häufiger moderne Tyrosin-Kinase-Inhibitoren (8,4 % bzw. 5,1 %) als First-Line-Therapie erhielten. Die Überlebensrate nach einem Jahr betrug unter dieser Behandlung 67,2 % im Vergleich zu 40,2 % unter PD1/PD-L1-Inhibitoren.

Bedeutung personalisierter Programme wird zunehmen

Die Ergebnisse sprechen dafür, dass Programme wie das nNGM die Implementation von Innovationen und neuen Erkenntnissen in die klinische Praxis verbessern können, schreiben die Wissenschaftler. Angesichts der zunehmend komplexeren Therapieschemata, der steigenden Gefahr von Medikamentenresistenzen und der vermehrten Zahl von Genmutationen bei Lungenkarzinompatienten gehen die Forscher davon aus, dass die Bedeutung derartiger Programme in Zukunft noch zunehmen wird.

Quelle: Kästner A et al. Lancet Reg Health Eur 2024; 36: 100788; DOI: 10.1016/j.lanepe.2023.100788