Anzeige

Chronische Schmerzen Mehr Achtsamkeit, weniger Auswirkungen

Autor: Annette Kanis

Chronische Schmerzen sind weit verbreitet, je nach Erhebungsmethode treten sie bei 10–50 % der Erwachsenen auf Chronische Schmerzen sind weit verbreitet, je nach Erhebungsmethode treten sie bei 10–50 % der Erwachsenen auf © iStock/ Nes
Anzeige

Kognitive Verhaltenstherapie hilft im Umgang mit chronischem Schmerz. Die Therapieform hat sich inzwischen weiterentwickelt: Elemente der Achtsamkeit und Akzeptanz rücken in den Mittelpunkt.

Chronischer Schmerz beeinflusst Alltag und Wohlbefinden. Um das Leben mit Kopf-, Rücken- oder Gelenkschmerzen zu erleichtern, ist neben einer angepassten medikamentösen Therapie die psychologische Unterstützung ein wichtiger Ansatz. Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) hat daher bereits seit Jahren ihren Platz in der Behandlung. Mit den neueren Entwicklungen innerhalb dieser Therapieform – der sogenannten dritten Welle („third wave“) – und ihren Auswirkungen auf den Behandlungserfolg haben sich ­Lance McCracken­, Department of Psychology, Uppsala University, und Kollegen auseinandergesetzt.

Psychologische Flexibilität wird gesteigert

Achtsamkeit und Akzeptanz sind wichtige Stichworte bei dieser dritten Welle, die als Achtsamkeits- oder Akzeptanz- und Commitment­therapie (ACT) beschrieben wird. Die Autoren zeigen anhand der Auswertung von 25 randomisierten, kontrollierten Studien, dass ACT positive Effekte auf Schmerzinterferenz und Lebensqualität von Menschen mit chronischen Schmerzen hat. Methoden, die die psychologische Flexibilität steigern und die Akzeptanz fördern, wirken sich günstig auf das Wohlbefinden der Betroffenen aus und verringern die Schmerzinterferenz. Die Effektstärken von ACT variierten in den einzelnen Studien, doch die Tendenz zu einer Verbesserung war durchgängig.

Chronische Schmerzen sind weit verbreitet, je nach Erhebungsmethode treten sie bei 10–50 % der Erwachsenen auf; zuverlässigere Schätzungen gehen von 20 % aus. Die Beschwerden, die vielfältige Ursachen haben können, gehen häufig einher mit chronischen körperlichen und psychischen Erkrankungen. Und sie haben Folgen: Die Schlafqualität leidet, soziale Kontakte minimieren sich, häufig ist der Job gefährdet, sogar die Suizidneigung steigt. Therapieerfolge haben also weitgehende Auswirkungen auf verschiedene Bereiche des Lebens.

ACT ergänzt die kognitive Verhaltenstherapie durch achtsamkeitsbasierte Methoden wie Meditation und kann in Gruppen- oder Einzelsitzungen, online oder am Telefon durchgeführt werden. Die Auswertung zeigte, dass ACT Angst und Schmerz selbst zwar nicht verringerte, aber die Lebensqualität und die Einschränkungen durch den Schmerz durchaus verbessert.

Individuell die beste Therapiemischung finden

Die Schmerzakzeptanz steigt und damit sinkt z.B. die Neigung zu Depression und schmerzbedingten Störungen. Die Autoren konnten keine großen Unterschiede hinsichtlich der Vorteile von ACT und traditioneller KVT finden, verweisen aber auf individuelle Bedürfnisse der Patienten und die mögliche angepasste Therapiemischung. Weiteren Forschungsbedarf sehen sie u.a. bei folgenden Fragen: Für welche Patienten sind achtsamkeitsbasierte Methoden besonders effektiv? Wie ist der langfristige Nutzen? Wie unterscheiden sich Face-to-Face-, Gruppen- und Online-Angebote in ihrer Wirkung?

Quelle: McCracken LM et al. BMJ 2022; 376: e057212; DOI: 10.1136/bmj-2021-057212