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Cytosponge Mit dem Schwamm den Barrett-Ösophagus hinunter

Autor: Josef Gulden

Eine Endoskopie ist aufwendig und für die vorbelasteten Patienten schmerzhaft. Eine Endoskopie ist aufwendig und für die vorbelasteten Patienten schmerzhaft. © Kzenon – stock.adobe.com
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Eine endoskopische Überwachung stellt für Patienten mit Barrett-Ösophagus eine Belastung dar. Mithilfe des Cytosponge lässt sich minimalinvasiv Probenmaterial sammeln, das auf Biomarker untersucht werden kann, die das Progressionsrisiko mit großer Genauigkeit vorhersagen. Dadurch sollen unnötige Endoskopien vermieden werden.

Ein Barrett-Ösophagus ist eine Präkanzerose, die sich zu einem Speiseröhrenkarzinom entwickeln kann – allerdings werden nur 0,3 % der nicht-dysplastischen Barrett-Läsionen pro Jahr tatsächlich progredient. Eine regelmäßige endoskopische Überwachung ist aufwendig, für die Betroffenen eine Strapaze und bedeutet – insbesondere in Pandemiezeiten – eine zunehmende Belastung der klinischen Ressourcen.

Der sogenannte Cytosponge ist ein Verfahren, mit dem sich Zellen der Ösophagus-Schleimhaut zu his­tologischen und anderen Analysen sammeln lassen. Bisher verwenden Mediziner die Methode, um durch den Nachweis des Biomarkers TFF3* zu beweisen, dass eine Barrett-Läsion vorliegt. Ein britisches Team um Dr. Nastazja Dagny Pilonis von der Universität Cambridge hat nun weitere Marker untersucht, die möglicherweise das Progressionsrisiko eines Barrett-Ösophagus vorhersagen könnten: die Überexpression des Tumorsuppressor-Gens p53, zelluläre Atypien sowie eine Liste von 17 klinischen und demografischen Faktoren.

So funktioniert‘s

Ein kleiner Gewebeschwamm, der an einer Schnur befestigt und in einer Kapsel verpackt ist, wird vom Patienten verschluckt. Im Magen löst sich die Kapsel auf, der Schwamm entfaltet sich und wird an der Schnur durch die Speiseröhre wieder nach oben gezogen. Während dieses Vorgangs sammelt der Schwamm Zellmaterial ein, das anschließend zur Untersuchung genutzt werden kann.

bit.ly/Funktion_Cytosponge

Cytosponge deckt mehr Tumoren und Dysplasien auf

Die Ärzte verwendeten Proben von Personen, die zwischen 2011 und 2019 an den zwei großen klinischen Studien BEST2 und BEST3 zur Etablierung des Cytosponge als Diagnoseinstrument für einen Barrett-Ösophagus teilgenommen hatten. Sie wurden sowohl mit dem Cytosponge als auch in der Folge endoskopisch untersucht und in eine Trainings- (n = 557) sowie Validierungskohorte (n = 334) aufgeteilt. Primärer Endpunkt war die endoskopische Diagnose einer hochgradigen Dysplasie oder eines Karzinoms. 17 % bzw. 10 % der Betroffenen aus der Trainings- bzw. Validierungskohorte entwickelten eine hochgradige Dysplasie bzw. einen Tumor. Anhand der neuen Biomarker ermittelten die Autoren verschiedene Risikogruppen: Im Fall einer p53-Überexpression und/oder zellulärer Atypien war das Risiko mit 52 % bzw. 41 % sehr hoch, bei Cytosponge-negativen Patienten ohne klinische Risikofaktoren betrug es lediglich 2 % bzw. 1 %. Die Chance, eine hochgradige Dysplasie oder einen Tumor durch eine Endoskopie bei Cytosponge-Biomarker-positiven Personen zu entdecken, war dreimal höher als mit der zurzeit standardmäßigen endoskopischen Überwachung, schreiben die Studienautoren. In einer Pilotstudie testeten die Forschenden anschließend die Machbarkeit prospektiv in einem Kollektiv von 223 Teilnehmenden. Hier wiesen 17 % ein hohes Risiko nach der genannten Definition – zelluläre Atypien und/oder p53-Überexpression – auf, und diese unterzogen sich einer Endoskopie. Dabei betrug der positive prädiktive Wert der Hochrisiko-Marker für den Nachweis von hochgradiger Dysplasie oder invasivem Tumor 31 %, für die Detektion von Dysplasien aller Schweregrade 44 %.

Weitere Studien müssen die Ergebnisse bestätigen

Auch wenn diese Ergebnisse noch in umfangreicheren Studien bestätigt werden müssen, scheint der Cytosponge-Test eine gute Abschätzung zu gestatten, welche Menschen mit Barrett-Ösophagus ein hohes Risiko für eine Progression aufweisen und daher endoskopisch nachverfolgt werden müssen. Die Methode dürfte dementsprechend das Potenzial haben, viele Betroffene und auch die klinischen Ressourcen in der Gastroenterologie zu entlas­ten, weil die Endoskopie für diejenigen Personen reserviert werden kann, die mit größerer Wahrscheinlichkeit auf entsprechende Interventionen angewiesen sind.

* Trefoil Factor 3

Quelle: Pilonis ND et al. Lancet Oncol 2022; 23: 270-278; DOI: 10.1016/S1470-2045(21)00667-7