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Nationale Diabetesstrategie stockt, obwohl Steuererhöhungen nachweislich etwas bewirken

Autor: Michael Brendler/Tobias Stolzenberg

Großbritannien geht bereits mit gutem Beispiel voran, indem eine Steuer für Süßgetränke eingeführt wurde. Großbritannien geht bereits mit gutem Beispiel voran, indem eine Steuer für Süßgetränke eingeführt wurde. © iStock/FangXiaNuo
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Um Lebensmittel gesünder zu machen, belegt die britische Regierung stark gesüßte Softdrinks seit 2018 mit einer Steuer. Der Erfolg gibt der Maßnahme recht: Die Vebraucher meiden die teuren Produkte.

Mit einer nationalen Diabetesstrategie hatte die Bundesregierung dem Anstieg der Erkrankungszahlen Einhalt gebieten wollen. Nun aber droht sich der Ernährungsausschuss querzustellen, was bei den Diabetes-Verbänden auf Unverständnis stößt. Im Kern gehe es bei dem Streit um Maßnahmen zur verbindlichen Zuckerreduktion in Lebensmitteln und um ein Werbeverbot für zuckerhaltige Lebensmittel für Kinder, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). „Es ist wissenschaftlich belegt, dass diese Maßnahmen wirken, da sie einerseits Auswirkungen auf das Kaufverhalten haben, andererseits die Hersteller animieren, ihre Rezepturen gesünder zu gestalten“, erklärte Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der DDG.

In Großbritannien gibt‘s eine Steuer für zu süße Softdrinks

Dass solche Instrumente tatsächlich greifen, zeigt eine Studie aus Großbritannien. Dort, so hatte es sich die Regierung vor vier Jahren zum Ziel gesetzt, sollte bis 2020 mindesten 20 % weniger Zucker in der Nahrung stecken. Für dieses Ziel wurde nicht nur eine Medien- und Informationskampagne ins Leben gerufen, sondern auch gesetzgeberisch eingegriffen. Eine Steuer, deren erste Stufe im April 2018 in Kraft getreten ist, verteuert inzwischen Softdrinks mit mehr als fünf Gramm Zucker. Wissenschaftler um Lauren Bandy von der Universität Oxford haben gezeigt, dass die Gesamtmenge des Zuckers, der mit den Getränken über die Ladentheke ging, seitdem um 30 % abgenommen hat. Das entspricht einem Minus von 4,6 Gramm pro Kopf und Tag. Bei den von der Steuer belegten Produkten sanken die Verkaufszahlen um 50 %.

Viele Firmen hätten ihre Rezepturen in der Tat geändert, schreiben die Autoren. Die Zusammensetzungen der nicht von der Abgabe betroffenen Getränke blieben jedoch unverändert und viele vorgeblich zuckerarmen Getränke in Großbritannien enthalten jetzt gerade so viel Zucker, dass sie der Steuer entgehen. Die Autoren schlagen vor, den Grenzwert, ab dem die Zwangsabgabe fällig wird, weiter zu senken. Und der Steuer neben typischen Softdrinks auch andere süße Getränke wie Fruchtsäfte und aromatisierte Milchgetränke zu unterwerfen.

Quelle: Bandy LK et al. BMC Med 2020; 18: 20; DOI: 10.1186/s12916-019-1477-4