
Nicht unnötig verkomplizieren Neue Klassifikation für Harnwegsinfektionen

Bisher unterscheidet man zwischen oberen und unteren Harnwegsinfektionen (HWI) und teilt sie in unkompliziert und kompliziert ein. In der nichturologischen Praxis fällt diese Differenzierung aber oft schwer, was die Gefahr von Unter- aber auch Übertherapie erhöht, erläuterte PD Dr. Jennifer Kranz von der Klinik für Urologie und Kinderurologie der RWTH Aachen. Aus diesem Grund plädiert die europäische urologische Fachgesellschaft EAU* dafür, künftig nur noch zwischen lokalisierter und systemischer HWI zu unterscheiden.
Die Lokalisierte entspricht im Prinzip einer Zystitis. Sie tritt unabhängig vom Geschlecht und ohne Hinweise auf eine systemische Beteiligung auf. Die Betroffenen klagen über Schmerzen beim Wasserlassen, Pollakisurie, imperativen Harndrang, Harninkontinez, urethralen Ausfluss oder auch Unterbauchschmerzen bzw. -krämpfe. Die hämorrhagische Zystitis mit Makrohämaturie zählt ebenfalls zu den lokalisierten HWI, sofern systemische Krankheitszeichen fehlen.
Von einer systemischen Harnwegsinfektion ist auszugehen, wenn Fieber oder Hypothermie, Schüttelfrost, veränderter mentaler Status, Hypotonie, Tachykardie oder Flankenschmerzen bzw. eine erhöhte Empfindlichkeit in dieser Region vorliegen. Lokalisierte Beschwerden, die von jedem Abschnitt des Harntrakts ausgehen können, müssen nicht unbedingt vorhanden sein.
Viele der Patientinnen und Patienten mit lokalisierter wie auch systemischer HWI weisen Risikofaktoren auf. Diese sind ebenfalls zu adressieren, was die Therapie anspruchsvoller macht, erklärte Dr. Kranz. Zu den Risikofaktoren gehören u. a. vorhandene Steine, Verweilkatheter, Restharn, vorangegangene Antibiotikagabe, Immunsuppression, Prostatabeteiligung und Schwangerschaft.
*European Association of Urology