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Neues Leben für die Leber: So bringen Sie das versagende Organ wieder zum Laufen

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Ein (Skleren-)Ikterus kann ab einer Bilirubinkonzentration von etwa 2 mg/dl ­sichtbar werden. Ein (Skleren-)Ikterus kann ab einer Bilirubinkonzentration von etwa 2 mg/dl ­sichtbar werden. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.
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Ein akutes Leberversagen bringt Betroffene in Lebensgefahr. Doch das Organ besitzt eine erstaunliche Regenerationsfähigkeit. Eine frühzeitige Therapie kann Patienten retten.

Erhöhte Ammoniakspiegel sind die Hauptursache für das Hirnödem beim akuten Leberversagen (ALV). Generell lässt sich die Hyperammonämie durch eine kontinuierliche Nierenersatztherapie effektiv kontrollieren, erklärte Professor Dr. Thomas­ Berg von der Klinik für Gastroenterologie am Universitätsklinikum Leipzig.

Die Wirksamkeit beim ALV wurde in einer retro­spektiven Beobachtungsstudie an 54 Betroffenen untersucht. 45 von ihnen (83 %) wiesen eine hochgradige Enzephalopathie auf. Bis zum Beginn der Therapie vergingen im Median vier Stunden, etwa 80 % der Patienten erhielten eine venovenöse Hämodiafiltration, die übrigen eine venovenöse Hämofiltration.

Damit ließen sich die medianen Ammoniakkonzentrationen am Tag 2 von 151 µmol/l auf 107 µmol/l und an Tag 3 und 5 auf 75 µmol/l bzw. 52 µmol/l senken. Die Zahl der Patienten mit einem Ammoniakspiegel > 150 µmol/l ging stetig zurück. Prof. Berg sprach sich daher dafür aus, diese Verfahren möglichst frühzeitig und dann kontinuierlich über längere Zeit einzusetzen.

Alpha-1-Fetoprotein als möglicher Prognosemarker

Zur Prognoseabschätzung beim nicht-paracetamolinduzierten ALV und zur Entscheidung darüber, wer eine neue Leber braucht, gibt es bis heute keinen optimalen Score. US-Kollegen haben den Stellenwert von Alpha-1-Fetoprotein (AFP) und Gc-Globulin getestet. AFP könnte als potenzieller fetaler Hepatozytenmarker Aussagen über die Regenerationsfähigkeit liefern.

Gc-Globulin verhindert die schädliche Polymerisation von Aktin im intravaskulären Raum. In früheren Studien zum ALV waren niedrige Spiegel von Gc-Globulin mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. An den Tagen 1 und 3 oder 2 und 4 nach stationärer Aufnahme untersuchten die Wissenschaftler das Serum von Patienten mit nicht-paracetamol­induziertem Organversagen auf die beiden Marker hin. AFP entpuppte sich als hilfreich: Eine Erhöhung kennzeichnete das transplantationsfreie Überleben. Der positiv prädiktive Wert lag zwar nur bei 53 %, blieb aber dieser Anstieg in den ersten vier Tagen aus, ergab sich ein prädiktiver Wert von 82 % für ein nicht-transplantationsfreies Überleben. Es scheint also sinnvoll, die Entwicklung des Wertes in die Entscheidung über Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Transplantation mit einzubeziehen. Für die Gc-Globulinspiegel ließen sich keine Zusammenhänge ermitteln.

Ein akut-auf-chronisches Leberversagen (ACLF) kann u.a. durch eine Autoimmunhepatitis ausgelöst werden. Erkennt man die Grund­erkrankung nicht rechtzeitig, ist das Sterberisiko hoch. In einer Analyse einer asiatischen Gruppe von 2825 Patienten mit ACLF erfüllten 2,9 % die Kriterien für eine Autoimmunhepatitis.

Trotz fehlender Autoantikörper Steroide in Betracht ziehen

Zum Diagnosezeitpunkt betrug die mittlere Bilirubinkonzentration 18,6 mg/dl, der Child-Pugh-Score 11,7, der MELD-Score 27,6. Die mittlere IgG-Konzentration lag bei 21,6 g/dl, sie war bei 97 % der Patienten erhöht. 49 % hatten keine Autoantikörper. Nur 34 % erhielten Steroide. Das verkürzte ihren Aufenthalt auf der Intensivstation (median 1,5 vs. 4 Tage) und besserte das 90-Tages-Überleben (75 % vs. 48 %). Ältere, Patienten mit MELD-Score > 27, hepatischer Enzephalopathie oder fortgeschrittener Fibrose sprachen deutlich schlechter darauf an. Die oft fehlenden Antikörper erschweren die Diagnose, erklärte Prof. Berg. Da eine frühe Therapie Leben rettet, sollte man im Zweifel eine probatorische Steroidbehandlung in Betracht ziehen.

Quelle: 9. Hepatologie-Update-Seminar (Online-Veranstaltung)