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Körperliche Belastbarkeit Neugeborene mit Untergewicht sind Herzrisikopatienten

Autor: Dr. Elke Ruchalla

Weniger Gewicht bedeutet im späteren Verlauf des Lebens häufig auch weniger Belastbarkeit. Weniger Gewicht bedeutet im späteren Verlauf des Lebens häufig auch weniger Belastbarkeit. © iStock/narvikk
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Wer bei der Geburt vergleichsweise wenig Gewicht auf die Waage bringt, muss im Leben unter Umständen Leistungseinbußen hinnehmen und kardiologisch präventiv behandelt werden.

Immerhin jedes zehnte Kind kommt als SGA*-Neugeborenes zur Welt und bringt es demnach bei Geburt auf weniger als 90 % des Normalgewichts der anderen Babys, die ebenso lang ausgetragen wurden. Und diese Kinder, die schon pränatal benachteiligt waren, schleppen die Last bis ins Kindes- und Erwachsenenalter mit. So leiden SGA-Patienten häufiger an Bluthochdruck und sterben öfter an kardiovaskulären Erkrankungen als normalgewichtig Geborene. Doch streitet die Wissenschaft über das „Warum“. Dr. Fátima Crispi vom Fetal Medicine Research Center am Hospital Sant Joan de Déu in Barcelona und ihre Kollegen wollen nun Licht ins Dunkel bringen.

Dazu haben die spanischen Forscher 158 Freiwillige der Jahrgänge 1975 bis 1995 in eine Beobachtungsstudie aufgenommen. Darunter waren 81 SGA-Betroffene (Studiengruppe) und 77 Personen, die mit normalem Geburtsgewicht ins Leben gestartet waren (Kontrollgruppe). Bei allen Teilnehmern vermaßen die Wissenschaftler das Herz anhand von MRT-Aufnahmen mit und ohne Kontrastmittel. In der zweiten Untersuchungsrunde mussten die Teilnehmer auf dem Fahrrad­ergometer strampeln.

Bei der Auswertung der dreidimensional rekonstruierten Herzmodelle fanden die Forscher bei allen Teilnehmern zunächst recht ähnliche anatomische Werte. Die untersuchten Parameter umfassten etwa das enddiastolische Volumen, das Gewicht und die relative Wanddicke – jeweils bezogen auf die Körperoberfläche. Auch funktionell (Ejektionsfraktion in Ruhe) waren die Ergebnisse in beiden Gruppen kaum verschieden. Der rechte Ventrikel erschien basal etwas stärker abgeflacht, aber letztlich handelte es sich um minimale Unterschiede.

Ganz anders sah es dagegen bei der sportlichen Betätigung aus. Ergometrisch fielen die SGA-Teilnehmer gegenüber den Kontrollen deutlich ab: Ihre maximale Leis­tungsfähigkeit war geringer (180 W vs. 214 W), ebenso die maximale Sauerstoffaufnahme. Die systolischen Blutdruckwerte stiegen bei ihnen weniger stark an. Dementsprechend blieb auch die Blutdruckamplitude bei Maximalbelastung geringer. Die Sauerstoffsättigung betrug dagegen in beiden Gruppen 98 %. Aus diesen Werten errechneten die Wissenschaftler anschließend für die SGA-Betroffenen eine signifikant geringere Belastbarkeit pro Einheit an linksventrikulärer Masse.

Demnach gehen die gehäuften Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Erwachsenen mit früherem SGA-Status möglicherweise auf ein eingeschränktes kardiales Leis­tungsvermögen zurück – pathophysiologische Ursachen sind noch unklar. Auf jeden Fall, so warnen die Autoren, sollten Mediziner Betroffene als kardiologische Risikopatienten betrachten und bei ihnen intensive Präventionsmaßnahmen ergreifen.

* small for gestational age

Quelle: Crispi F et al. JAMA Cardiol 2021; DOI: 10.1001/jamacardio.2021.2537