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Unklare Beinschmerzen Nicht immer vaskulärer Natur

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Bei akuten oder chronischen Beinschmerzen  sollte man dermatologische Krankheitsbilder nicht vergessen. Bei akuten oder chronischen Beinschmerzen sollte man dermatologische Krankheitsbilder nicht vergessen. © casi – stock.adobe.com
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Bei Patienten mit unklaren Beinschmerzen muss man auch an eine zugrundeliegende dermatologische Erkrankung denken. Mitunter sind die Beschwerden sogar das Prodromalsymptom der Dermatose. 

Akute oder chronische Beinschmerzen lassen an Gefäßschäden denken. Man sollte aber dermatologische Krankheitsbilder nicht vergessen, so Prof. Dr. ­Birgit ­Kahle von der Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie am Uniklinikum Lübeck. Besonders häufig sind Weichteil­infektionen wie das Erysipel, ausgelöst z.B. durch Streptokokken der Gruppe A oder Staphylokokken. Als Eintrittspforte dienen meist kleinere Verletzungen (z.B. Tinea pedis). Das Erysipel beginnt typischerweise akut mit Fieber und Schüttelfrost. Die charakteristische scharf begrenzte und sehr schmerzhafte Rötung bildet sich oft erst später. Betroffene müssen mindestens sieben bis zehn Tage antibiotisch behandelt werden. Eine unzureichende Therapie begünstigt Rückfälle, die zu irreversiblen Schäden an den Lymphbahnen und einem sekundären Lymphödem führen können. Chronisch rezidivierende Erysipele lösen häufig anhaltende Schmerzen in der betroffenen Extremität aus.

Die Abgrenzung zwischen Erysipel und Phlegmone fällt manchmal schwer. Bei Letzterer werden auch tiefere Strukturen erfasst und es kommt zu einer eitrigen Einschmelzung. In der Folge entwickeln sich großflächige Nekrosen, Sepsis nicht ausgeschlossen. Im Fall einer nekrotisierenden Fasziitis droht ein foudroyanter Verlauf. Häufig besteht eine Mischinfektion mit Strepto- und Staphylokokken. Die Behandlung besteht in einer systemischen Antibiotikagabe und evtl. operativer Therapie.

Eine weitere Differenzialdiagnose ist die Gürtelrose. Sie macht sich mit Brennen und Schmerzen im innervierten Hautbezirk bemerkbar. Die charakteristischen gruppierten Bläschen zeigen sich erst später.

Differenzialdiagnostisch Malignome ausschließen 

Die starken Beschwerden erfordern eine systemische Analgesie. Bei einem Befall mehrerer Dermatome sollte man Malignome und Störungen des Immunsystems ausschließen. 
Auch akute großflächige Entzündungen der Haut wie Sonnenbrand, toxische Dermatitis (z.B. durch Wiesengräser) oder allergisches Kontakt­ekzem können heftige Beinschmerzen verursachen. Das auslösende Agens muss identifiziert und gemieden werden, eventuell ist eine kurzzeitige Therapie mit topischen Steroiden indiziert. Die Erythrodermie führt zu einer generalisierten, stark entzündlichen Rötung der gesam­ten Haut. Schmerzen treten bei dieser schweren Erkrankung vorwiegend im Bereich der Unterschenkel auf. Als Auslöser sieht man oft Exazerbationen der Psoriasis vulgaris und kutane Lymphome. 

Charakteristisch für die Urtikaria sind zwar stark juckende Quaddeln. Es können aber ebenso Kopf- und Gelenkschmerzen und gastrointestinale Beschwerden auftreten. 
Anlass für Verwechslungen von Schmerz und Juckreiz bietet der chronische Pruritus. Dieser wird nicht selten als schmerzhaft empfunden oder der Patient kann zwischen den Krankheitszeichen nicht unterscheiden. Eine typische Dermatose mit beiden Symptomen ist die Prurigo nodularis. Sie spricht meist gut auf topische Steroide an, kann aber auch als Prodromalsymptom myeloproliferativer Erkrankungen wie Morbus Hodgkin in Erscheinung treten.

Quelle: Kahle B „Beinschmerz – dermatologische Ursachen“, Akt Dermatol 2022; 48: 527-531; DOI: 10.1055/a-1753-6976 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York