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Medizin und Markt 1A-Award 2023 Autor: MT

Durch aktives Ressourcenmanagement soll kein Kind mehr lange auf ein freies Bett warten müssen. Durch aktives Ressourcenmanagement soll kein Kind mehr lange auf ein freies Bett warten müssen. © shapecharge/gettyimages
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Die Notaufnahmen der Krankenhäuser in Deutschland sind am Limit. Besonders stark betroffen: die Kinderkliniken. Um kranken Kindern ein freies Bett zu organisieren, müssen die Notfallärzte manchmal die halbe Nacht telefonieren. In Bayern hat man jetzt gehandelt. Landesweit sollen alle Kinderkliniken digital vernetzt werden. Dieses Leuchtturmprojekt wird jetzt für den 1A-Award nominiert.

Entstanden ist die Idee des „virtuellen Kinderkrankenhauses Bayern“ – kurz TeleKiN nicht auf dem Reißbrett, sondern weil die Kinderkliniken während der Infektwelle im letzten Winter die Notfälle kaum noch managen konnten. „Wir sind da mit einer klaren Erkenntnis herausgekommen: Wir müssen handeln, und zwar jetzt“, erklärt Prof. Dr. Matthias Keller, Ärztlicher Direktor der Kinderklinik Passau.

Als Vorsitzender des bayerischen Landesverbandes der leitenden Kinderärzte nahm er sich dabei selbst in die Pflicht. „Wir haben zwei große Ziele: Durch aktives Ressourcenmanagement wollen wir dafür sorgen, dass kein Kind mehr lange auf ein freies Bett warten muss und schnell die Versorgung bekommt, die es benötigt“, so Prof. Keller. „Und zweitens: Es ist unmöglich, alle Fachexpertisen an einem einzigen Standort vorzuhalten. Deshalb setzen wir auf telemedizinische Visiten, bei denen Experten virtuell dazugeschaltet werden.“

Gesagt, getan. Bereits im Oktober soll TeleKiN live gehen. Im ersten Schritt werden bayernweit alle Kinderkrankenhäuser digital miteinander vernetzt, um im Notfall schnell freie Betten zu finden. Wie wichtig dieser Schritt in der Praxis ist, zeigen Fälle aus dem letzten Winter. „Aufgrund der mangelnden Kommunikation untereinander waren einzelne Kinder bis zu 16 Stunden unterwegs, um endlich ein freies Bett finden“, erklärt der Kinderarzt.

Solche Szenarien müssten nun endgültig der Vergangenheit angehören. „Wenn wir nicht aktiv neue Lösungen angehen, leiden die kranken Kinder darunter“, ergänzt Prof. Keller. „Außerdem führt es dazu, dass Ärzte von ihrer eigentlichen Arbeit abgehalten werden. Sie sollen ja nicht Betten organisieren, sondern sich um kranke Kinder kümmern.“

Bayerisches Staatsministerium war sofort überzeugt

Bei der technischen Umsetzung konnte Prof. Keller sich auf seinen kurzen Draht zur Universität Passau verlassen. Prof. Dr. Tomas Sauer, Lehrstuhlinhaber für Mathematik mit Schwerpunkt Digitale Bildverarbeitung erinnert sich: „Als er mit der Idee zu dem Projekt zu uns kam, dachte ich: Das kann tatsächlich funktionieren. Und jetzt kümmern wir uns darum, dass es wirklich funktioniert.“

Aber selbst die beste Idee lässt sich nicht in die Tat umsetzen, wenn sie nicht unterstützt wird. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege war sofort von dem Konzept überzeugt. Wenig später folgte ein Förderbescheid über 360.000 Euro. Für Prof. Keller und seine Mitstreiter ein echter Meilenstein. „Damit können wir die Ressourcen in unseren Kinderkliniken optimal nutzen, außerdem steigern wir die Behandlungsqualität durch telemedizinische Visiten mit anderen Experten.“ Zeitgemäß, schnell, effizient – zum Wohle des Kindes.

Der Nominierte

Prof. Dr. Matthias Keller (49) ist seit über zehn Jahren Chefarzt und Ärztlicher Direktor der Kinderklinik „Dritter Orden“ in Passau. Er ist Vorsitzender des Landesverbandes Bayern der leitenden Kinderärzte (VLKKD). Im Jahr 2017 gründete der Kinder- und Jugendmediziner die Stiftung Kinderlächeln.