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Synkopen Obacht vor der Ohnmacht

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Rund 40 % der Bevölkerung erleiden mindestens einmal im Leben eine Synkope. Rund 40 % der Bevölkerung erleiden mindestens einmal im Leben eine Synkope. © MVshop - stock.adobe.com
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Rund 40 % der Bevölkerung erleiden mindestens einmal im Leben eine Synkope. Oberstes Gebot ist es, Patienten mit einem Hochrisikoereignis herauszufiltern. 

Studien zufolge durchlaufen 96 % der Patienten nach einer Synkope unnötige Untersuchungen, aber nur 40 % bekommen ganz banal den Blutdruck gemessen, berichtete Prof. Dr. Christian Veltmann, Elektrophysiologie Bremen. „Die Anamnese ist der Schlüssel“, betonte der Kardiologe. Vorrang hat natürlich, Patienten mit hohem Risiko – in der Regel diejenigen mit einer kardial bedingten Synkope – herauszufiltern. Denn kardial ausgelöste Attacken gehen mit einer deutlich erhöhten Mortalität einher. Das Manual zur Diagnostik und Therapie von Synkopen nennt als Major-Kriterien für ein Hochrisiko-Ereignis:1

  • neu einsetzender Thoraxschmerz, Atemnot, Abdominal- oder Kopfschmerz
  • Synkope während Belastung oder im Liegen
  • plötzlich einsetzende Palpitation, unmittelbar gefolgt von einer Synkope


Zu den Minor-Kriterien (hohes Risiko nur in Verbindung mit einer strukturellen Herzerkrankung oder auffälligem EKG) gehören:

  • keine Warnsymptome oder kurze Prodromi (< 10 Sekunden)
  • plötzlicher Herztod (sudden cardiac death, SCD) in jungen Jahren in der Familienanamnese
  • Synkope im Sitzen

Die Autoren des Manuals führen außerdem ausführlich Major- und Minorkriterien zur Risikoabschätzung im EKG an.  

Jeder Vierte hatte trotz Schrittmacher ein Rezidiv

Was die Therapie angeht, gibt es einige Kontroversen, zum Beispiel: die Schrittmachertherapie bei neurogenen Synkopen. In der ISSUE-3-Studie erhielten 511 Patienten mit mindestens drei synkopalen Ereignissen in den vorausgegangenen zwei Jahren einen implantierbaren Ereignisrekorder. Bei 89 von ihnen wurde binnen eines Jahres eine mindestens dreisekündige Asystolie aufgezeichnet und sie erfüllten die Kriterien für einen Schrittmacher. 77 erhielten einen, der randomisiert auf ON oder OFF gesetzt wurde. 
Im Verlauf von zwei Jahren erlitten 57 % aus der OFF-Gruppe eine erneute Synkope. Das bedeutet umgekehrt, dass rund 40 % verschont blieben, führte Prof. Veltmann aus. Und: Im ON-Kollektiv hatten immerhin 25 % ein erneutes Ereignis. Neben der Tatsache, dass offensichtlich nur ein Teil der Teilnehmer von der Implantation profitierte, bemängelte der Kollege, dass nur Patienten über 40 Jahre eingeschlossen waren. Denn gerade neurogene Synkopen betreffen eher Jüngere. 

Synkopen bei Herzkranken

Hinter kardialen Synkopen stecken häufig strukturelle Erkrankungen wie Kardiomyopathien, Klappenvitien oder Folgen von Herzinfarkt, Lungenembolie, Tamponade und Dissektionen. Doch sind Synkopen bei Patienten mit einer solchen Erkrankung im Umkehrschluss immer kardial bedingt? Zu dieser Frage äußerte sich Florian Doldi vom Universitätsklinikum Münster. Seine klare Antwort: nein. Nach Auswertungen schätzt man, dass etwa ein Drittel der Kollapse von Herzkranken vasovagaler Natur sind und damit relativ harmlos. Steckt jedoch das strukturelle Herzleiden dahinter, steigt das Sterblichkeitrisiko deutlich. Für Patienten mit einer kardiomyopathiebedingten Synkope wurde eine Erhöhung der Gesamtmortalität um rund 40 % ermittelt. Bei KHK-Kranken nach Synkope fand man eine Odds Ratio für den plötzlichen Herztod von 2,8.

Empfehlungen werden nur unzureichend befolgt

Ebenfalls in der Diskussion: die Katheterablation bei vasovagalen Synkopen. In einer Metaanalyse aus 14 Studien – nur eine davon randomisiert-kontrolliert – mit 465 Patienten im Durchschnittsalter von 39,8 Jahren ließ sich bei 91,8 % durch die Intervention Synkopenfreiheit erzielen. Laut Prof. Veltmann scheint die Ablation ein „tolles Konzept“ gerade für Jüngere. Allerdings fehlt es für eine klare Empfehlung an randomisiert-kontrollierten Studien.

Quelle:

1 von Scheidt W et al. Kardiologie 2019; 13: 198-215; DOI: 10.1007/s12181-019-0319-0