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Synkope: Basisdiagnostik liefert wichtige Hinweise zum Kreislaufkollaps

Autor: Manuela Arand

Zur initialen Basisdiagnostik gehören Eigen- und falls verfügbar Fremdanamnese mit Fragen zu Häufigkeit, Auslösern, Prodromi, Anfallsablauf und Begleitsymptomen. Zur initialen Basisdiagnostik gehören Eigen- und falls verfügbar Fremdanamnese mit Fragen zu Häufigkeit, Auslösern, Prodromi, Anfallsablauf und Begleitsymptomen. © iStock/Tunatura
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Der kurze Bewusstseinsverlust in Form einer einfachen Synkope verlangt detektivisches Vorgehen. Sie müssen Patienten und Augenzeugen befragen, Video-Aufzeichnungen sichten und den Ort des Vorfalls genau unter die Lupe nehmen, samt EKG und RR-Messung.

Den Patienten einen einheitlichen diagnostischen Prozess garantieren, der sich an den aktuellen medizinischen Erkenntnissen orientiert: So lautet das Ziel der aktuellen Leitlinie zur Synkope. Professor Dr. Rolf Diehl, Klinik für Neurologie, Alfried Krupp Krankenhaus Essen, und Kollegen fokussieren sich dabei auf „einfache“ Synkopen – sprich kurze Ohnmacht, zügige Reorientierung, evtl. begleitet von motorischen Phänomenen. Für die ausgefuchste Differenzialdiagnostik, die bei kardialen oder neurogenen orthostatischen Synkopen erforderlich werden kann, verweisen die Autoren explizit auf die jeweiligen Spezialleitlinien.

Achtung, Hochrisikopatient!

Bei folgenden Befunden empfiehlt die Leitlinie eine sofortige stationäre Aufnahme mit EKG-Monitoring:
  • neu einsetzender Thorax-, Abdominal- oder Kopfschmerz oder Atemnot
  • plötzliche Palpitationen unmittelbar vor der Ohnmacht
  • bekannte Herzinsuffizienz, niedrige Ejektionsfraktion, früherer Herzinfarkt
  • unklarer systolischer RR < 90 mmHg
  • Synkope während körperlicher Belastung oder im Liegen, keine vasovagalen Trigger fassbar
  • persistierende Bradykardie < 40/min beim Nichtsportler
  • bisher nicht bekanntes systolisches Geräusch
  • EKG-Befunde, die eine rhythmogene Ursache vermuten lassen
  • ausgeprägte Anämie oder Elektrolytentgleisung

Die Abklärung erfolgt in zwei Stufen. Zur initialen Basisdiagnostik gehören Eigen- und falls verfügbar Fremdanamnese mit Fragen zu Häufigkeit, Auslösern, Prodromi, Anfallsablauf und Begleitsymptomen. Dabei kann es hilfreich sein, „Home-Videos“ von Anfällen aufnehmen zu lassen oder Augenzeugen entsprechende Videobeispiele vorzuführen.

Essenziell: 12-Kanal-EKG und aktiver Stehtest

Bei der körperlichen Untersuchung sollte man v.a. auf Hydrationszustand sowie kardiale, kardiovaskuläre und neurologische Befunde achten. Situative vasovagale Synkopen (VVS) lassen sich oft bereits anamnestisch abklären, etwa wenn die Synkope nach einer Konfrontation mit Blut oder Verletzungen, längerem Stehen, Miktion, Defäkation, Husten oder Schlucken auftritt. Typischerweise gehen dann vegetative Prodromi wie Blässe, Übelkeit oder Schweißausbrüche voraus. Ansonsten kommt man dann mit zwei weiteren Untersuchungen aus: Das 12-Kanal-EKG kann den Verdacht auf eine kardiale Synkope leiten mit entsprechender Folge­diagnostik. Der aktive Stehtest, also mindestens drei Minuten aufrecht stehen nach einer Ruhephase im Liegen, mit Puls- und RR-Messung im Liegen und Stehen kann bereits beweisend sein für eine orthostatische Hypotonie (RR-Abfall ≥ 20 mmHg systolisch und/oder ≥ 10 mmHg diastolisch bzw. systolischer Wert < 90 mmHg nach drei Minuten). Ein posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom gilt als bewiesen, wenn der Puls um ≥ 30/min ansteigt – bei Jugendlichen ≥ 40/min – oder nach zehn Minuten ohne orthostatische Hypotonie über 120/min liegt.

Relevante Differenzialdiagnosen

Nicht jeder kurz anhaltende Bewusstseinsverlust ist eine Synkope. Die Leitlinie listet eine Reihe von Differenzialdiagnosen auf:
  • epileptischer Anfall
  • kryptogene Sturzattacke
  • vertebrobasiläre Ischämie/ Steal-Syndrom
  • Hypoglykämie oder Intoxikation
  • kommotionelle Konvulsion
  • psychogener Anfall/Pseudosynkope

Zwar stellt die Basisdiagnostik grundsätzlich die Weichen für das weitere Vorgehen. Vor allem aber soll sie abklären, ob der Patient als gefährdet für den plötzlichen Herztod einzustufen ist und einer sofortigen Krankenhauseinweisung mit EKG-Überwachung bedarf (siehe Kasten). Bei Patienten mit niedrigem Risiko lässt sich der transiente Bewusstseinsverlust in der Regel ambulant abklären. Erleidet der Patient nur sehr selten Synkopen oder war dies seine erste, kommt die Diagnostik nach dem Basisprogramm sogar bereits zum Ende. Eventuell lohnt sich ein (auf 3–10 min verkürzter) Kipptischtest, um die VVS-Diagnose zu sichern. In diesen Fällen reicht es aus, den Patienten damit zu beruhigen, dass Gesundheitsrisiko und Wiederholungsgefahr gering sind, und ihm vorbeugende Maßnahmen zu empfehlen. Die wichtigsten darunter sind eine ausreichende Flüssigkeits- und Kochsalzzufuhr sowie tägliches Stehtraining. Bei niedrigem kardialem Risiko und häufigen Synkopen sollten weitere Tests die Ursache abklären.

Implantierbare Blackbox für den Synkopenpatienten

An Stellenwert gewonnen hat der implantierbare Ereignisrekorder, dessen Einsatz die Leitlinie „bei ausgewählten Patienten mit mutmaßlichen vasovagalen Synkopen“ befürwortet. Die Empfehlung beruht auf einer Studie, die gezeigt hat, dass Patienten über 40 Jahre, bei denen per implantierbarem Ereignisrekorder Asystolieepisoden während rezidivierender VVS festgestellt wurden, von einem Zweikammerschrittmacher profitieren. Das absolute Risiko erneuter Synkopen ging dadurch um 32 % zurück­.

Quelle: S1-Leitlinie „Synkopen“, AWMF-Registernummer 030-072