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Schwere Reflexsynkopen: Sind Kipptisch und Closed-Loop-Stimulation die Lösung?

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Ein Zwei-Kammer-Schrittmacher mit Closed-Loop-Stimulation greift ein, bevor der Patient kollabiert. Ein Zwei-Kammer-Schrittmacher mit Closed-Loop-Stimulation greift ein, bevor der Patient kollabiert. © Science Photo Library
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Schwere Reflexsynkopen können Patienten in erhebliche Gefahr bringen, vor allem wenn sie häufig auftreten. Ob ein Schrittmacher bei Reflexsynkopen und ortho­staseinduzierter Asystolie helfen kann, ist bisher nicht eindeutig erwiesen.

Vasodepressorische vs. kardioinhibitorische Synkope

Unklar ist auch der Nutzen der Kipptischuntersuchung, um Schrittmacherkandidaten herauszufiltern. Mit dieser Methode lassen sich hauptsächlich vasodepressorische Ereignisse identifizieren, lautet die Kritik. Und ein Device würde eher etwas bringen, wenn die kardioinhibitorische Komponente dominiert.

Diese Bedenken räumt die aktuelle Studie einer Arbeitsgruppe um Professor Dr. Michele Brignole, Istituto Auxologico Italiano, Ospedale San Luca, Mailand, nun aus dem Weg. Die Forscher haben die Effektivität von Zwei-Kammer-Schrittmachern mit Closed-Loop-Stimulation (CLS) zur Rezidivprophylaxe entsprechender Ereignisse untersucht. Diese Technologie zeichnet sich durch ein frühes Eingreifen aus.

An der Studie nahmen 127 Patienten über 40 Jahre teil, die im letzten Jahr mindestens zwei schwere Reflexsynkopen erlitten hatten und bei denen sich mittels Kipptisch eine Synkope mit einer Asystolie von mehr als drei Sekunden auslösen ließ. Randomisiert erhielt die Hälfte einen aktiven Schrittmacher, die andere einen inaktiven, bei dem die Pacing-Funktion ausgeschaltet war. Während des medianen Follow-ups von 11,2 Monaten kam es in der Gruppe mit aktivem Device zu signifikant weniger Synkopen als in der Kontrollgruppe (16 % vs. 53 %). Das entspricht einer Risikoreduktion von 77 %. Die geschätzte Einjahresrezidivrate lag bei 19 % vs. 53 %, die Zweijahresrate bei 22 % vs. 68 %.

Auch wenn man Synkopen und Präsynkopen als kombinierten Endpunkt betrachtete, brachte das Pacing einen signifikanten Vorteil: 37 % bzw. 63 % der Patienten entwickelten ein solches Ereignis. Bei fünf Teilnehmern traten device-assozierte Komplikationen auf, z.B. eine Perikarditis oder Palpitationen.

Kipptischuntersuchung wohl zu Unrecht kritisiert

Den Zwei-Kammer-Schrittmacher mit CLS bezeichnen die Autoren als hocheffektiv bei Patienten mit schweren Reflexsynkopen und orthostase-induzierter Asystolie. Außerdem eigne sich die Kipptischuntersuchung sehr wohl, um Kandidaten für eine Device-Implantation zu identifizieren. Sie sollte entsprechend genutzt werden.

Quelle: Brignole M et al. Eur Heart J 2021; 42: 508-516; DOI: 10.1093/eurheartj/ehaa936