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preHEART-Score Patienten mit Brustschmerz in die Klinik schicken?

Autor: Dr. Andrea Wülker

Bei der Frage, ob ein bestimmter Patient in die Klinik muss oder nicht, gibt bereits der HEART-Score dem Rettungsdienst wichtige Hinweise. Bei der Frage, ob ein bestimmter Patient in die Klinik muss oder nicht, gibt bereits der HEART-Score dem Rettungsdienst wichtige Hinweise. © iStock/turk_stock_photographer
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Klinikärzte greifen gerne auf den HEART-Score zurück, wenn sie das Risiko eines Notfallpatienten für ein akutes Koronarsyndrom einschätzen müssen. Eine solche Risikostratifizierung funktioniert auch außerhalb der Krankenhäuser – dafür ist nur eine kleine Anpassung notwendig.

Der HEART-Score soll Ärzten in der Notaufnahme bei der Entscheidung helfen, welche Patienten mit Thoraxschmerzen wieder nach Hause entlassen werden können und welche stationär aufgenommen werden müssen. Anhand des Scores werden fünf Bereiche eingeschätzt und mit Punktwerten beurteilt.

Der preHEART-Score

History (Anamnese):
  • hochverdächtig für kardiales Ereignis: 2 Punkte
  • mäßig verdächtig: 1 Punkt
  • wenig verdächtig: 0 Punkte
EKG:
  • signifikante ST-Veränderungen: 2 Punkte
  • unspezifische Repolarisationsstörung/Linksschenkelblock/ Schrittmacher: 1 Punkt
  • normal: 0 Punkte
Alter des Patienten:
  •  ≥ 70 Jahre: 2 Punkte
  •  ≥ 40 und < 70 Jahre: 1 Punkt
  •  < 40 Jahre: 0 Punkte
Risikofaktor Geschlecht:
  • männlich: 2 Punkte
  • weiblich: 0 Punkte
Troponin (Point-of-Care-Test):
  •  ≥ 0,05 ng/l: 2 Punkte
  •  > 0,02 und < 0,05 ng/l: 1 Punkt
  •  ≤ 0,02 ng/l: 0 Punkte

HEART steht für:
  • History (Anamnese)
  • EKG-Befunde
  • Alter des Patienten
  • kardiovaskuläre Risikofaktoren
  • Troponinwert
Es lassen sich 0 bis 10 Punkte erreichen. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit für ein akutes Koronarsyndrom kann man die Notfallpatienten mithilfe des Skalenwertes in drei Gruppen stratifizieren:
  • niedriges Risiko (0–3 Punkte)
  • mittleres Risiko (4–7 Punkte)
  • hohes Risiko (8–10 Punkte)
Bisher war unklar, ob sich der HEART-Score ohne Weiteres auch für die Risikoeinschätzung außerhalb der Notaufnahmen eignet, etwa im Rettungsdienst. Dieser Frage gingen Dennis Sagel vom Universitätsklinikum Groningen und Kollegen nun in einer zweiteiligen Studie nach. Zunächst bestimmten Rettungssanitäter in einer ersten Kohorte aus Patienten mit akuten Thoraxschmerzen den HEART-Score einschließlich der Point-of-Care-Messung des Troponinwerts. Primärer Endpunkt waren schwere kardiale Ereignisse (akuter Herzinfarkt oder Tod) innerhalb der folgenden drei Tage. Sodann bewerteten die Wissenschaftler die fünf Bereiche des Scores hinsichtlich der Trennschärfe und kalibrierten die Cut-off-Werte für das prähospitale Setting. Anstelle der kardiovaskulären Risikofaktoren insgesamt nahmen sie aber vereinfacht das Geschlecht der Patienten als eigenen Bereich in die Berechnung auf. So entstand als neues Hilfsmittel der preHEART-Score (siehe Kasten), den das Team anhand einer weiteren Kohorte von 435 Patienten prospektiv validierte. In der ersten Kohorte entwickelten 123 der 1.208 Patienten (10,2 %) ein schweres kardiales Ereignis. Der HEART-Score lieferte einen negativen prädiktiven Wert (NPV) von 98,4 % und einen positiven prädiktiven Wert von 35,5 %. Demgegenüber und auch verglichen mit einer alleinigen Troponinmessung schnitt der neue preHEART-Score mit einem NPV von 99,3 % und einem positiven prädiktiven Wert von 49,4 % besser ab. Für die Validierungskohorte fanden sich ähnliche Resultate.

preHEART zeigt sich ambulant überlegen

Bei der Frage, ob ein bestimmter Patient in die Klinik muss oder nicht, könne bereits der HEART-Score dem Rettungsdienst wichtige Hinweise geben, ziehen die Studienautoren ihr Fazit. Darüber hinaus zeige sich der neu entwickelte preHEART-Score, der das Geschlecht der Patienten als Risikofaktor berücksichtigt, gegenüber der ursprünglichen Version und verglichen mit der alleinigen Point-of-Care-Bestimmung des Troponins überlegen.

Quelle: Sagel D et al. Emerg Med J 2021; 38: 814-819; DOI: 10.1136/emermed-2020-210212