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Chronische Lungenerkrankungen Pneumoreha lohnt die Mühe

Autor: Manuela Arand

Gemeinsames Üben in der Gruppe sorgt für mehr Spaß und steigert die Motivation. (Agenturfoto) Gemeinsames Üben in der Gruppe sorgt für mehr Spaß und steigert die Motivation. (Agenturfoto) © Robert Kneschke – stock.adobe.com
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Kein Medikament bringt Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen so viel wie die pneumologische Rehabilitation. Bei der Verordnung gibt es aber ein paar Regeln zu beachten, damit die Kostenträger zustimmen. 

Hinsichtlich der Wirksamkeit einer Pneumoreha besteht die beste Evidenz für die COPD. Zunehmend ist jedoch auch für andere Lungenerkrankungen belegt, dass eine gute, strukturierte Behandlung Morbidität und Mortalität reduziert. „Wir sollten sie bei allen betroffenen Patienten zumindest erwägen“, betonte Dr. Claudia Münks-Lederer von der Inneren Medizin am St. Remigius Krankenhaus in Leverkusen. 

Die Kosten übernehmen zumeist Deutsche Rentenversicherung oder Krankenkassen, in Einzelfällen auch die gesetzliche Unfallversicherung. Damit der Antrag nicht abgelehnt wird, muss er sorgfältig formuliert werden. Die verschiedenen Rehabilitationsziele wie Symptomminderung, Steigerung von Lebensqualität, körperlicher Belastbarkeit und Teilhabe an alltäglichen Aktivitäten müssen im Antrag aufgeführt sein. 

Für Reha-Ziele sollten drei bis vier Wochen genügen

Anvisierte Ziele sollten zudem in realistischer Zeit erreicht werden können, also in drei bis vier Wochen. Das Sozialgesetzbuch fordert außerdem im Antrag eine Beurteilung von Rehabilitationsbedürftigkeit, -fähigkeit und -prognose, wenn er bei der gemeinsamen Servicestelle für Rehabilitation eingereicht wird (­reha-servicestellen.de).

Dr. Münks-Lederer verdeutlichte anhand von Formulierungsbeispielen, worauf es bei der Antragstellung ankommt. Um den Rehabilitationsbedarf zu begründen, schlug sie „Beeinträchtigung in der (beruflichen oder sozialen) Teilhabe durch die Erkrankung“ vor. Für die Rehaziele kommen die folgenden vier Kategorien in Betracht:

  • somatisch: Erkrankung stabilisieren; Progress verhindern; Exazerbationen und dadurch bedingte Verschlechterung der Lungenfunktion abwenden
  • funktionell: Lungenfunktion steigern; kardiovaskuläre Leis­tungsfähigkeit verbessern mit konsekutiver Reduktion von Mortalität und Morbidität; körperliche Belastbarkeit, Mobilität und Lebensqualität steigern
  • psychosozial: Rückzug vermindern; maximale Kompetenz im Umgang mit der Krankheit erlangen (z.B. durch das Erlernen von Selbsthilfemaßnahmen und Atemtechniken bei Belastung)
  • individuell: Selbstständigkeit erhöhen; Pflegebedürftigkeit abwenden; psychisch stabilisieren und Angst bewältigen; Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit verhindern

Als Nächstes stellt sich die Frage, wohin man die Patienten schicken sollte. In Deutschland bieten rund 240 Kliniken eine pneumologische Rehabilitation an, doch ist die Behandlung nicht überall qualitativ hochwertig. Dr. Münks-Lederer zitierte einen Kollegen, der die Situation mit einem Rotweinsortiment verglich: „Auf jeder Flasche steht Rotwein. Aber wie er schmeckt, weiß man erst, wenn man ihn probiert hat.“ Sie riet, Rückmeldungen von Patienten einzuholen und sich mit anderen Ärzten auszutauschen. 
Außerdem besteht natürlich die Möglichkeit zur ambulanten Reha. Diese Form bietet für Patienten einige Vorzüge, nicht zuletzt dass die Zuzahlung entfällt und sie im eigenen Bett schlafen können. Drei Einrichtungen kann die Kollegin aus eigener Erfahrung empfehlen: die Atem-Reha in Hamburg, APRiL in Leverkusen und AmKaRe in Köln

Unschlagbare Effekte der Reha

Eine pneumologische Reha kann nach akuter COPD-Exazerbation die Lebensqualität und die körperliche Belastbarkeit steigern. Zugleich senkt sie das Risiko einer erneuten Hospitalisierung um fast 80 %, die Mortalitätsrate um mehr als 70 %. Studien zufolge beläuft sich die Number needed to treat für die Reduktion von Rehospitalisierungen auf 3, für die Senkung der Sterblichkeit auf 6 (Reha vs. keine Reha). Der Erfolg einer Pneumoreha ist umso größer, je früher sie angetreten wird: Ein Beginn innerhalb von 90 Tagen nach der stationären Entlassung halbiert das Ein-Jahres-Sterberisiko gegenüber späterer oder gar keiner Inanspruchnahme einer solchen Maßnahme.

Teilnahme an Nachsorge lässt sich verordnen

Zentrales Ziel und größte Herausforderung ist die nachhaltige Verhaltensänderung. „Es macht keinen Sinn, einen Menschen vier Wochen zu beüben, wenn er dann nach Hause geht und wieder lebt wie vorher“, so Dr. Münks-Lederer. Nachsorge soll und kann das unterstützen. Die Deutsche Rentenversicherung bietet beispielsweise die Programme ­IRENA und T-RENA zur intensivierten multimodalen Rehabilita­tionsnachsorge mit Reha- und Lungensport an. Eine Teilnahme können der Rehabilitationsarzt (Formular G0850) oder der niedergelassene Kollege mit Formular Nr. 56 zulasten der GKV beantragen, erklärte Dr. Münks-Lederer. Atemphysio­therapie kann per Heilmittelverordnung mit Indikationsschlüssel EX2b verordnet werden. Außerdem sollte man die Möglichkeiten von DMP, Selbsthilfegruppen und Patientenschulungen nutzen. 

Schon vor einigen Jahren konnten die Pneumologen der LungenClinic Großhansdorf zeigen, dass telefonisches Nachfassen sehr erfolgreich dabei hilft, Patienten zur Aktivität zu motivieren. Jetzt gibt es digitale Motivationsförderer in Form von Apps. Dazu zählen beispielsweise KAIA, die als DiGA zugelassen und von der Atemwegsliga bewertet ist, „Atemwege gemeinsam gehen“ oder „Aktiv mit COPD“. Studien untermauern, dass die Rehaeffekte bei App-Nutzern länger andauern.

Quelle: Kongressbericht - Kongress der Westdeutschen Gesellschaft für Pneumologie 2023