Schlechtes Image zu Unrecht? Milchprodukte wirken bei Rheuma wohl entzündungshemmend

Autor: Dr. Judith Lorenz

Die Forschenden stellten fest, dass eine angeborene Laktoseintoleranz das RA-Risiko erhöht Die Forschenden stellten fest, dass eine angeborene Laktoseintoleranz das RA-Risiko erhöht © VISUALPOINT - adobe.stock.com

Viele Menschen verzichten auf Milchprodukte, da diesen oft nachgesagt wird, Entzündung zu befeuern. Der wachsende Markt milchfreier Alternativen trägt diesem Trend Rechnung. Die Datenlage könnte sich aktuell ändern.

Will man die Auswirkungen von Milchprodukten untersuchen, eignen sich Menschen mit Laktoseintoleranz als Kontrollgruppe am besten, schreiben Prof. Dr. Aytac Gul von der Universität in Antakya und seine Kollegen. Sie vermeiden in der Regel Milcherzeugnisse. Mithilfe der Daten genomweiter Assoziationsstudien (GWAS) gingen die Forschenden der Frage nach, inwiefern ein Kausalzusammenhang zwischen der Laktoseintoleranz, also dem Verzicht auf Milchprodukte, und der rheumatoiden Arthritis (RA) – als Beispiel für eine entzündliche Erkrankung – besteht und inwiefern der Body-Mass-Index (BMI) dabei eine Rolle spielt. Sowohl der Konsum von Milchprodukten als auch die RA gehen typischerweise mit BMI-Veränderungen einher.

Genetische Daten als Hinweis auf Laktoseintoleranz

In die Analyse flossen GWAS-Daten verschiedener großer Biobank-Studien ein. Die Forschenden stellten fest, dass eine angeborene Laktoseintoleranz das RA-Risiko erhöht, die Spätmanifestation im Erwachsenenalter (beides erfasst anhand charakteristischer Genvarianten)dagegen mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für die inflammatorische Erkrankung verbunden ist. Ihren Berechnungen zufolge ist der protektive Effekt dieser Laktoseintoleranz allerdings auf einen indirekten Effekt, nämlich eine begleitende Abnahme des BMI, zurückzuführen.

Für die Forschenden zeigten die Studienergebnisse, dass der konsequente Verzicht auf Milchprodukte bei den Menschen mit angeborener Intoleranz für eine RA – und möglicherweise auch für weitere systemische inflammatorische Prozesse – prädisponieren kann, heißt es im Fazit der Studie. Sie schließen daher auf einen wahrscheinlichen antiinflammatorischen Effekt der Milcherzeugnisse.

Ihrer Ansicht nach gehören daher Molkereiprodukte zu einer gesunden, ausgewogenen Ernährung. Außerdem konnten andere Studien bereits antientzündliche Effekte von Milchpeptiden nachweisen. Ein Verzicht sei unnötig, den über die BMI-Reduktion vermittelten Effekt könnten Patientinnen und Patienten auch anders erreichen. Welchen Komponenten der Milcherzeugnisse man die antiinflammatorischen Effekte zuzuschreiben hat, bleibt zu klären. Die Forschenden schlagen allerdings auch vor, sich Supplementierungsstrategien zu widmen, wie Menschen mit angeborener Laktoseintoleranz vor den negativen Folgen geschützt werden können. 

Quelle: Gul A et al. BMJ Nutrition, Prevention & Health 2025; 0: 3001036; doi:10.1136/bmjnph-2024-001036