Ruhig Bedenkzeit gewähren Prostatakarzinom: Radikale Prostatektomie sechs Monate nach Biopsie scheint onkologisch sicher

Autor: Lara Sommer

Eine bis zu sechsmonatige Therapieverzögerung zeigt offenbar keine Zunahme biochemischer Rezidive bei Prostatakrebs. Eine bis zu sechsmonatige Therapieverzögerung zeigt offenbar keine Zunahme biochemischer Rezidive bei Prostatakrebs. © Tom – stock.adobe.com

Nicht alle Prostatakarzinomerkrankten können und wollen sofort die Therapie beginnen. Die gute Nachricht: Offenbar bleibt die Rate an biochemischen Rezidiven stabil, wenn sich die Prostatektomie um bis zu sechs Monate verzögert.

Es gibt viele Gründe, warum sich eine radikale Prostatektomie (RP) verzögert, schilderte Dr. Carolin Siech von der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main. „Erkrankte wünschen Bedenkzeit, wollen in den Urlaub, haben Komorbiditäten, die zuerst optimiert werden müssen. Oder sie sind einfach noch unentschieden und wollen eine Zweit- und Drittmeinung einholen.“ Außerdem bestehe teilweise eine Warteliste für elektive uroonkologische Eingriffe. Vor diesem Hintergrund bleibt die Frage, wie lange sich die Operation sicher verschieben lässt.

Die Wissenschaftler:innen betrachteten retrospektiv Daten von 680 Personen mit Prostatakarzinom, die zwischen 2014 und 2023 am Universitätsklinikum Frankfurt eine RP erhielten. 71 % davon hatten ein „intermediate risk“ und die restlichen 29 % eine Hochrisiko-Erkrankung. 68 % der ersten und 79 % der zweiten Gruppe wurden innerhalb von drei Monaten nach der Biopsie operiert, die restlichen bis zu einem halben Jahr nach Diagnose. 

Personen, die eine höhere ISUP-Gruppe hatten, warteten tendenziell kürzer auf die Prostatektomie. Perioperative Charakteristika wie das pathologische Stadium und der Resektionsstatus schienen hingegen nicht mit dem Operationszeitpunkt zu korrelieren, ebenso wenig die Rate des Nerverhalts oder einer adjuvanten Radiotherapie. 

Welche Risiken bringt eine Verzögerung wirklich mit sich?

Es zeigte sich kein Unterschied im Überleben ohne biochemisches Rezidiv zwischen denjenigen, die die radikale Prostatektomie innerhalb von drei Monaten nach der Biopsie erhielten, und jenen, bei denen es 3–6 Monate dauerte. Dies galt unabhängig von der Risikoklassifikation. Es bestätigte sich zudem in einer multivariaten Analyse, die für Faktoren wie PSA-Wert, Gleason-Grad, pT- und pN-Stadium, positive Resektionsränder und adjuvante RT adjustierte. 

Keine Empfehlung für neoadjuvante Maßnahmen

Die Expertin resümierte, dass sich zumindest in diesen Kohorten kein Effekt einer Verzögerung auf unerwünschte histopathologische Ergebnisse oder die biochemischen Rezidivraten erkennen ließ. „Somit kann man auf Grundlage dieser Daten im Patientengespräch sagen, wir sehen keine Unterschiede, wenn die OP bis zu sechs Monate nach der Diagnose verschoben wird.“ Das helfe, die Angst und den Entscheidungsdruck zu nehmen. Sie rät in diesem Fall auch nicht zu einer Neoadjuvanz, da diese Nebenwirkungen verursache, aber die perioperativen Outcomes nicht beeinflusse.

Quelle:
Siech C. 77. DGU-Kongress; Vortrag „The association of “Time-from-Biopsy-to-Prostatectomy” and biochemical recurrence in patients with intermediate- and high-risk prostate cancer