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Qualitätssicherung Regelmäßige Kontrolle der Blutzuckermessgeräte muss sein

Autor: Maria Weiß

Laborwerte müssen derzeit nicht genauer 
sein als die zu Hause gemessenen – 
dabei wären strengere Grenzen längst möglich. Laborwerte müssen derzeit nicht genauer sein als die zu Hause gemessenen – dabei wären strengere Grenzen längst möglich. © Henrik Dolle – stock.adobe.com
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Beim Diabetes hängen Diagnose und Therapie ent­scheidend von den gemessenen Blutzuckerwerten ab. Was ist aber zu beachten und wie lässt sich die Messgenauigkeit hier erhöhen? Und: Wie sieht es bei CGM-Systemen aus?

Oft fängt das Problem schon bei der Präanalytik an, erklärte Dr. Guido Freckmann vom Institut für Diabetestechnologie an der Universität Ulm. Damit überhaupt verlässliche Glukosewerte im Blut gemessen werden können, muss nach der Entnahme die Glykolyse gehemmt werden. Dafür stehen seit Jahren spezielle Flourid-Citrat-Röhrchen zur Verfügung. Sie würden aber zum Teil nicht genutzt, nur weil sie ein paar Cent teurer sind, beklagte Dr. Freckmann.

Zur Diagnostik bei Diabetes gehört auch ein gutes Laborgerät, das regelmäßig kontrolliert werden muss. Hier gilt die Medizingeräte-Betreiberverordnung und seit 2019 die neue „Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen“ – kurz Rili-BÄK. Hier sind die Richtwerte der erlaubten Abweichungen bei HbA1c für interne Qualitätskontrollen auf 5 % (ab Dezember 2023 nur noch 3 %) und für Ringversuche auf 8 % verschärft worden. Für viele Messgeräte ist diese Forderung aber kein größeres Problem, so der Experte. 

Die Rili-BÄK gilt aber nur für Laborgeräte und nicht für Unit-Use POCT-Geräte, die dem patientennahen Einsatz in den Einrichtungen dienen, keine Probenvorbereitung erfordern und bei denen das Reagenz nach einer Messung verbraucht ist. 

Strengere Toleranzgrenzen für die Qualitätssicherung gefordert 

Bei der internen Qualitätskontrolle nach der Rili-BÄK ist für Blutzuckermessgeräte im Labor bei der internen Qualitätskontrolle eine Fehlergrenze ± 11 % erlaubt, bei den Ringversuchen von 15 %. Das ist auch die Grenze bei Geräten zur Selbstmessung. Die Werte aus dem Labor müssen somit nicht genauer als die zu Hause gemessenen Werte der Menschen mit Diabetes sein, kritisierte Dr. Freckmann. Das könne man aber heute besser – 92 % der Laborgeräte erreichten hier schon Toleranzgrenzen von 8 %. Die Kommission Labordiagnostik (KLD) fordert daher hier auch strengere Grenzen von 5 % für die interne und 8 % für die externe Qualitätssicherung. 

Möglicher juristischer Fallstrick

Dr. Freckmann wies darauf hin, dass CGM-Systeme nach der Medizingeräte-Betreiberverordnung nur ihrer Zweckbestimmung entsprechend angewandt werden dürfen. Bei einem Off-Label-Use haften die Behandelnden. Da die Systeme in der Regel nur für die Selbstbehandlung vorgesehen sind, müsste diskutiert werden, ob der Einsatz durch Fachkräfte in Krankenhaus oder Pflegeheim nicht schon „off label“ ist. Die Hersteller sind daher aufgefordert, die Bedienung auch durch Fachpersonal in ihre Zweckbestimmung aufzunehmen.

Kaum Kontrollmöglichkeiten bei CGM-Systemen

Wie aber steht es um die Genauigkeit von CGM-Systemen? Die Rili-BÄK gilt nur für In-vitro-Diagnostik und daher nicht für die kontinuierliche Glukosemessung. Einziger Referenzwert ist hier die Blutzuckerbestimmung im Blut, auf die die Geräte kalibriert sind. Das Problem ist aber, dass Menschen mit Diabetes, die mit einem CGM-System ausgestattet sind, häufig den Blutzucker im Blut gar nicht mehr bestimmen und im Alltag den CGM-Werten vertrauen, sagte Dr. Freckmann. Dabei müsse man immer im Hinterkopf behalten, dass CGM-Glukosewerte aus dem Gewebe statt aus kapillärem oder venösem Blut stammen – und dass es einen deutlichen Zeitversatz gibt. Das System  berechne über einen Algorithmus eine „Hybrid“-Glukose aus der Gewebeglukose und der zur Kalibration verwendeten Blutglukose. »Aber wer sagt denn, dass eine solche Hybrid-Glukose, deren Algorithmen bei gesunden Diabetikern entwickelt wurden, bei Menschen mit vielen Erkrankungen im Krankenhaus genauso gut funktioniert?«, gab der Referent zu bedenken.

Entscheidend ist bei den CGM-Systemen die intensive Schulung der Anwender*innen. Auch mögliche Fehlerquellen sollten bekannt sein, etwa das Liegen auf dem Arm mit dem Sensor in der Nacht, welches das Gewebe komprimieren und vermeintliche Hypoglykämien hervorrufen kann. Nutzer*innen müssten wissen, dass bei unplausiblen Werten immer eine Vergleichsmessung mit Kapillarblut erforderlich ist, die dann wiederum der Rili-BÄK unterliegt. Dies gelte auch für Nutzer*innen von CGM-Systemen, die im Krankenhaus liegen.