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Reparatur vor Fraktur – bei Knochenschmerzen von Krebspatienten nicht auf den Bruch warten

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Wirbelsäulenmetastasen bei einer 
Patientin mit Mammakarzinom. Wirbelsäulenmetastasen bei einer Patientin mit Mammakarzinom. © Science Photo Library/CNRI
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Die meisten Patienten mit ossären Metastasen werden erst operiert, wenn der Knochen bricht. Dabei kann ein prophylaktischer Eingriff die Fraktur oft verhindern und die Lebensqualität deutlich steigern.

Wenn Patienten mit Tumoranamnese über neu auftretende muskulo­skelettale Schmerzen klagen, steht immer der Verdacht auf eine Knochenmetastase im Raum. Zur Einschätzung der Wahrscheinlichkeit einer ossären Filialisierung schlagen Samantha Downie von der Universität Edinburgh und Kollegen ein Ampelsystem vor.

  • Das rote Warnlicht leuchtet bei ausgeprägten Schmerzen mit Funktionsverlust (z.B. fehlende Belastbarkeit). Auch rasche Entwicklung, akute Verschlechterung oder Progression in den letzten vier bis sechs Wochen lassen die Alarmglocken schrillen. Zu den typischen Begleitbefunden zählen lokale Druckdolenz und begleitende Hyperkalzämie.
  • Das gelbe Licht brennt bei persistierenden, aber nicht-progredienten Schmerzen mit allenfalls minimaler Funktionseinschränkung und erhaltener Belastbarkeit des mutmaßlich betroffenen Knochens.
  • Als höchstwahrscheinlich nicht maligne (grüne Lampe) werden leichte Schmerzen eingestuft, die sich von selbst zurückbilden und für die sich eine andere Erklärung findet (z.B. Gicht, Infektion).

Zuwarten darf man nur, wenn die Ampel freie Fahrt signalisiert, d.h. die leichten Schmerzen sich innerhalb von zwei Wochen zurückbilden. Patienten mit mittlerem bis hohem Risiko müssen labordiagnostisch (inklusive Kalzium/alkalischer Phosphatase) und radio­logisch abgeklärt werden. Dabei gilt es zu beachten, dass sich ossäre Metastasen im Röntgenbild mitunter erst erkennen lassen, wenn 50–70 % der Kortikalis zerstört sind. Bei fortbestehendem Verdacht, aber unauffälliger Bildgebung hilft das MRT weiter.

Medulla in Not

Bei Wirbelkörpermetastasen kann es jederzeit zu einer Rückenmarkskompression kommen. Zu typischen Warnsignalen zählen schwere Rücken- oder Bauchschmerzen, die mit sensomotorischen Defiziten und/oder Zeichen eines Kaudasyndroms einhergehen. Die medulläre Bedrängnis ist ein absoluter Notfall. Betroffene Patienten müssen noch am selben Tag mittels MRT abgeklärt werden.

Mit konservativer Therapie wird die OP womöglich obsolet

Alle Patienten mit neu diagnostizierten Knochenmetastasen sollten umgehend zum Onkologen überwiesen werden. Eventuell kann eine gezielte konservative Therapie z.B. mit Bisphosphonaten oder einer Radiatio eine ansonsten anstehende Operation noch verhindern. Die Autoren raten, frakturgefährdeten oder symptomatischen Metastasen-Trägern eine prophylaktische Operation anzubieten. Durch vorsorgliche Fixierung lassen sich schmerzhafte Frakturen vermeiden.

Prophylaktisches Nageln trotz geringer Lebenserwartung?

Außerdem ist der dafür notwendige Eingriff oft weit weniger aufwendig und erzielt ein besseres Ergebnis als die Versorgung nach einem bereits eingetretenen Knochenbruch. Auch gebrechliche Patienten mit einer Lebenserwartung von ein bis sechs Monaten profitieren eventuell von einer vorbeugenden Marknagelung oder Plattenosteosynthese. Die Komplikationsraten liegen in dieser Gruppe etwa gleich hoch wie bei älteren­ Traumapatienten.

Quelle: Downie S et al. BMJ 2021; 372: n98; DOI: 10.1136/bmj.n98