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Risikoscore für die Mastozytose vorgeschlagen

Autor: Dr. Miriam Sonnet

Insgesamt konnten die Forscher sieben Risikogruppen identifizieren. Insgesamt konnten die Forscher sieben Risikogruppen identifizieren. © iStock/aelitta
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Die Mastozytose gilt als seltene Erkrankung. Die klinischen Verläufe und Überlebenszeiten variieren mitunter sehr stark zwischen verschiedenen Patienten. Bisher fehlen eindeutige Faktoren, um die Prognose vorauszusagen. Ein Scoring-System soll helfen.

In einer retrospektiven Kohortenstudie analysierten Wissenschaftler um Professor Dr. Wolfgang R. Sperr, Universitätsklinik Wien, verschiedene Datensätze nach prognostisch signifikanten Faktoren für die fortgeschrittene und nicht fortgeschrittene Mastozytose. Zwar gibt es eine WHO-Klassifikation, nach der die Mastozytose in verschiedene Varianten eingeteilt wird. Aussagen über die Prognose zu treffen, ist aber nach Aussage der Autoren weiterhin eine klinische Herausforderung.

Mastozytose-Einteilung der WHO

Die Weltgesundheitsorganisation unterscheidet zwischen nicht fortgeschrittener und fortgeschrittener Erkrankung. Die erste Gruppe umfasst Patienten mit kutaner, indolenter systemischer und schwelender systemischer Mastozytose. In die Gruppe der fortgeschrittenen Erkrankungen fällt die aggressive systemische Mastozytose, die systemische Mastozytose mit einer damit assoziierten hämatologischen Neoplasie sowie die Mastzell-Leukämie.

Die Auswertung der Daten zeigte: Patienten mit indolenter systemischer Mastozytose oder schwelender systemischer Mastozytose, die alkalische Phosphatasewerte von 100 U/l oder höher aufwiesen, hatten ein signifikant erhöhtes Risiko für eine Krankheitsprogression. Ein Alter von ≥ 60 Jahre (HR 4,9; 95%-KI 2,51–9,40) sowie alkalische Phosphatasewerte von ≥ 100 U/l (HR 2,1; 95%-KI 1,07–4,05) waren unabhängige signifikante Prädiktoren für eine Progression einer nicht fortgeschrittenen systemischen Mastozytose zu einer höhergradigen Erkrankung.

Gesamtüberleben schrumpft bei steigendem Risiko

Die Autoren entwickelten dementsprechend das International Prognostic Scoring System for Mastocytosis (IPSM), mit dem die Patienten in drei verschiedene Gruppen eingeteilt werden konnten: niedriges Risiko (ohne zusätzliche Risikofaktoren), intermediär 1 (ein Risikofaktor) und intermediär 2 (zwei Risikofaktoren). Das Gesamtüberleben nach zehn Jahren unterschied sich zwischen den drei Gruppen mit 98,1 % vs. 87,1 % vs. 52,1 % signifikant (p < 0,0001). Gleiches galt für die Zehn-Jahres-Raten des progressionsfreien Überlebens (96,3 % vs. 86,7 % vs. 76,3 %). Bei Patienten mit einer fortgeschrittenen Erkrankung identifizierten die Forscher folgende sechs prognostische Faktoren, die sich auf das Gesamtüberleben der Betroffenen auswirken:
  • Alter von mindestens 60 Jahren (HR 2,14; 95%-KI 1,42–3,22),
  • Tryptase ≥ 125 ng/ml (HR 1,81; 1,20–2,75),
  • Leukozyten ≥ 16 × 109/l (HR 1,88; 1,27-2,79),
  • Hämoglobin ≤ 11 g/dl (HR 1,71; 1,13-2,57),
  • Plättchen ≤ 100 × 109/l (HR 1,63; 1,13–2,34) und
  • eine Hautbeteiligung (HR 0,46; 0,30–0,69).
Basierend darauf wurden vier Risikogruppen etabliert, die sich hinsichtlich des Gesamtüberlebens und des progressionsfreien Überlebens signifikant unterschieden (p < 0,0001).

Weitere Studien sollen den prädiktiven Wert bestätigen

Die etablierten IPSM-Scores eignen sich, um das Outcome von Patienten mit nicht fortgeschrittener und fortgeschrittener Mastozytose vorherzusagen, fassen die Autoren die Studienergebnisse zusammen. Der prädiktive Wert müsse aber in weiteren Studien validiert werden. 

Quelle: Sperr WR et al. al. Lancet Haematol 2019; DOI: 10.1016/S2352-3026(19)30166-8