
Rheuma und Reproduktion RMD-Männer haben vor der Diagnose mehr Kinder

Seit einigen Jahren wird der negative Einfluss entzündlich-rheumatischer Erkrankungen (RMD) auf die männliche Fertilität untersucht – mit widersprüchlichen Ergebnissen. Um mehr Klarheit in das Thema zu bringen, startete ein Team um Dr. Gudrun Sigmo vom Stavanger Universitätsklinikum eine große Kohortenstudie. Darin eingeschlossen wurden 7.131 männliche RMD-Patienten, die im Jahr 2021 ein Alter zwischen 25 und 65 Jahren aufwiesen. 2.649 von ihnen litten unter Psoriasisarthritis (PsA), 1.716 unter rheumatoider Arthritis (RA) und 2.766 unter einer axSpA. Jeder Patient wurde mit fünf Gesunden gleichen Alters und gleichen Wohnorts gematcht.
Es stellte sich heraus, dass die Männer aus der RMD-Kohorte im Vergleich zu den Kontrollen signifikant seltener kinderlos waren. Auch verzeichnete man im Mittel pro Mann mehr Nachwuchs – und zwar in allen drei Diagnosegruppen. Das betraf allerdings nur die Zeit vor der Erkrankung, schreiben die Forschenden. Nach Diagnosestellung unterschieden sich RMD-Betroffene nicht mehr von Gesunden. Das widerspricht der noch gängigen Annahme, dass RMD die Fruchtbarkeit der Männer verringern – zumindest in Norwegen, so die Forschenden.
Im Durchschnitt wurden Männer aus der RMD-Kohorte auch früher Vater als die Kontrollen. Das mittlere Alter bei der Geburt des ersten Kindes lag bei PsA-Patienten bei 30 Jahren (Kontrollen 31 Jahre), bei RA und axSpA bei 29 bzw. 31 Jahren (Kontrollen 32 bzw. 32 Jahre).
Der altersadjustierte Vergleich der drei Krankheitsentitäten untereinander ergab, dass axSpA-Patienten etwas häufiger kinderlos waren als PsA-Patienten (Odds Ratio 1,27). Die Unterschiede zwischen den anderen Gruppen waren nicht signifikant. Entsprechend hatten axSpA-Männer im Durchschnitt weniger Kinder als Betroffene mit PsA. Der vorhergesagte Anteil kinderloser Männer im Alter von 50 Jahren war bei der axSpA mit 19,3 % am höchsten, bei RA und PsA lag er bei 17,4 % bzw. 15,9 %. Die prognostizierte durchschnittliche Kinderzahl betrug bei der axSpA 1,87, bei RA 1,93 und bei PsA 1,98.
Unklar ist noch, warum Männer mit einer RMD früher Väter werden als Gesunde und insgesamt mehr Kinder zeugen. Da dieses Phänomen vor Zeitpunkt der Diagnose liegt, müssen die Einflussfaktoren in einer frühen Lebensphase einwirken.
Ob Krankheitsaktivität oder Medikation die Fertilität beeinflussen, lässt sich aus der Studie kaum ableiten. Zwar waren Männer mit RA, die DMARD einnahmen, häufiger kinderlos als RA-Patienten ohne DMARD. Aufgrund der kleinen Vergleichsgruppe sind diese Ergebnisse jedoch unsicher. Bemerkenswert ist, so die Forschenden, dass alle Männer mit RA unabhängig davon, ob sie DMARD einnahmen oder nicht, seltener kinderlos waren als ihre gesunden Kontrollen.
Quelle: Sigmo GD et al. RMD Open 2025; 11: e005770; doi:10.1136/rmdopen-2025-005770